Veranstaltungsarchiv
DJ Kaprikorn legt heisse und weniger heisse Scheiben auf, grösstenteils genau runde 30 Jahre alt (mit Jahrgang 1982), und ein wenig drum herum.
Claude Diallos Weg, aufgewachsen als Kind von Musikern in St.Gallen, war gewissermassen vorgezeichnet: Schnell begeisterte sich der junge Pianist für den Jazz, schaffte es ans Berklee College of Music in Boston und verwirklichte sich 2007 seinen Traum, nach New York überzusiedeln und sich ganz dem Jazz zu widmen. Von Sao Paulo über Tel Aviv nach Hong Kong spielt er heute Konzerte rund um den Globus, nun tritt er mit seinem Claude Diallo Situation wieder einmal in seiner Heimatstadt auf. «Now Then» heisst das aktuelle Album des Trios, zu dem neben Diallo am Schlagzeug Massimo Buonanno und am E-Bass Laurent Salzard gehören. Das Magazin «New York City Jazz Record» lobte in seiner Kritik den «erfrischenden Zusammenhalt und die Dynamik» des Trios sowie Diallos «Technik, Schlauheit und hörbare Freude.» Auch wir freuen uns auf Diallo, der immer einen offenen Geist hatte: Vor zehn Jahren spielte er auch in den verrauchten Kellerlöchern dieser Stadt. Gerne stellen wir ihm jetzt einen richtigen Flügel hin.
Fast hätten wir es versäumt, zwei Jahre Soul Gallen! Angefangen hat alles am 9. Januar 2010, noch unter dem Namen Tanznachtbar, die Geschichte bis hierhin habt ihr mitgeschrieben. Zum zweijährigen Jubiläum kommen die Helsinki-Soulstew-DJs in der Urbesetzung g. Die Herren Wempe, Sanfilippo und Novak bringen ihre Lieblingsplatten mit. Von Doo Wop, Rhythm’n’Blues, Jazz, Soul, Boogaloo, Funk bis Disco. Und noch immer gilt «get dressed & put your dancin' shoes on!»
Ihr fünfhundertstes Konzert haben Texta am 19. Januar 2008 im Palace gespielt. Zur Feier gab es Linzer Torte mit Kerzen und volles Haus. Nach genau vier Jahren sind Texta zurück und mit im Gepäck haben sie ihr sechstes Studio Album «Grotesk». Ganze 18 Jahre gibt es Texta bereits, eine bemerkenswerte Lebensdauer für eine Hip-Hop-Combo. Sie sind das Hip-Hop-Aushängeschild Österreichs schlechthin und blieben ihrem Do-It-Yourself Charakter stets treu. Um Genregrenzen haben sich Produzent Flip, Rapper Huckey, Laima, Flip & Skero sowie DJ Dan nie geschert und so gelang ihnen zusammen mit Attwenger und dem Song «so schnö kaust gor net schaun» einer der grössten Coups. Den Flow haben Texta nie auf der Strecke gelassen und ihre Texte haben weiter an Schärfe gewonnen, sind philosphisch, politisch und persönlich pointiert und sezieren gesellschaftliche Absurditäten.
IRGENDWANN GEHT ES VORBEI – KATASTROPHENERWARTUNG UND RÜCKZUGSFANTASIE
Spätestens seit dem Ende des Kalten Krieges ist auch die Vorstellung eines bipolaren Welt- bildes der Eindeutigkeit zu Ende. Seither ist die Welt komplexer geworden und Krisen bedrohen die Gewohnheiten. In diesem Moment erscheint die Katastrophe als auf- oder erlösendes Ereignis, das Komplexität reduziert und individuelle Neuorientierungen oder gesellschaftliche Alternativen ermöglicht. Im Januar beschäftigt sich die Erfreuliche Universität mit Katastrophen, Katastrophensehnsucht und Utopie.
Am 21. Dezember 2012 wird der Mayakalender nach 5200 Jahren enden. Grund genug für zahlreiche Endzeitpropheten und Bewusstseinsphantasten das Ende der Welt oder den nächsten Schritt in der Entwicklung der Menschheit anzukündigen. Georg Schmid arbeitet für die evangelische Informationsstelle für Kirchen, Sekten und Religionen, Relinfo und wird an diesem Abend über die Rezeptionsgeschichte und die Theorien um das Ende des Mayakalenders referieren.
Die Walkabouts, sind das nicht die aus...? Jaja, man darf es laut sagen, ausnahmsweise: Diese Jack-Wolfskin-TV-Werbung kann einem schon den Ärmel reinnehmen, eben wegen «Devil In The Details» der Walkabouts. Immerhin blieb die Band von Chris Eckman und Carla Torgensen, die es als unverwegene Folk-Rock-Band aus Seattle schon lange gab, bevor solcherart Musik der Stempel «Americana» aufgedrückt wurde, auf diese Weise allzeitpräsent. Weil Eckman vor Jahren nach Slowenien gezogen war und allenorts Kooperationen einging, etwa mit den Tuareg-Musikern Tamikrest in der Sahara, bangten Fans nach dem lärmig-wüten- den Album «Acetylene» (2006) und dem trotzigen «Fuck Your Fear» um die Weiterexistenz der Band. Doch dann folgten im Herbst 2011 die «Travels In The Dustland» - elf Songs aus einer weit offenen Landschaft voller verlorener Orte, vergessener Menschen und vertrockneter Erde; eine melancholische Reise in ein wüst zugrundegerichtetes, aber nicht ganz hoffnungsloses Amerika. Auf die Live-Konzerte der sechsköpfigen Band darf man sich gewaltig freuen; im Vorprogamm die Walkabouts-Schlagzeugerin Terri Moeller und ihr Solo-Projekt Terri Tarantula.
Dafür, dass seiner Musik am laufenden Band Endzeit-Stimmung angedichtet wird, sieht Sam Shackleton verdammt nett aus. Der Mann mit dem tollen Namen stammt aus einem Kaff im Nordwesten Englands und ist so etwas wie Onkel Dubstep himself; hat nach den Versuchen mit seiner Punkband Anfang der Nullerjahre angefangen mit Dub-Bässen und hackenden Sna- res zu experimentieren und landete 2004 prompt auf dem Best-of-Sampler des Labes Matador. Shackleton läuft in der Folge neben (und manchmal auch ein bisschen hinter) den oft durch Verweigerung medienwirksamen Stars der Szene her. Er entwickelt die noch junge Musik in der Folge aber prägend mit und weiter und gründet das mit steten und aufregend-deepen Veröffentlichungen auf sich aufmerksam machende Label Skull Disco. Einige Jahre später greift sich dann Ricardo Villalobos während seiner Sets öfters ein Shackleton-Stück aus der Plattenkiste und adelt den bescheidenen Briten als Meister, der es versteht, Sounds mit cineastischen Qualitäten zu generieren, die aber eben nicht nur die Hirnwindungen, sondern auch den Dancefloor zum Vibrieren bringen. Welcome Mister Sam «seriously deep» Shackleton!
In einem Zeitalter, das die Katastrophe zum geschichtlichen Grundbegriff erhebt, machen sich die Utopien rar – scheinbar. Felix Keller begibt sich auf die Suche nach utopischen Momenten in der Katastrophenphantasie – mit Bild- und Filmbeispielen aus der Traumwelt der Massenkultur. Felix Keller arbeitet als Assistenzprofessor für Soziologie an der Univer- sität St. Gallen. Er forscht zu Fragen der Erzählung, Vermessung und Imagination gesellschaftlicher Ordnung und Unordnung
Helmut Salzinger (1935 bis 1993) war einer der ersten deutschsprachigen Popkritiker: Er schrieb über die Rolling Stones, Jefferson Airplane, The Fugs, Truman Capote, Tom Wolfe, Andy Warhol, LSD oder die RAF. Als Salzinger im Feuilleton der «Zeit» zu Raubpressungen aufrufen wollte, wurde er entlassen. Fortan schrieb er unter dem Pseudonym Jonas Überohr für die Musikzeitschrift «Sounds». Sein Buch «Rock Power oder Wie musikalisch ist die Revolution?» macht im Untertitel deutlich: Hier interessierte sich einer für den politischen, revolutionären Gehalt der Gegenkultur. In den letzten Jahren hat eine Wiederentdeckung von Salzinger als Popkritiker begonnen. Seine Texte zeigten, «welche gesellschaftliche Relevanz Popmusik und Musikkritik einmal besessen hat», schreibt Frank Schäfer, der den Sammelband «Best of Jonas Überohr» herausgegeben hat. «Das ist doch Welten entfernt vom heute üblichen schnellfertigen Geschmacksfeuilletonismus oder dem sich immer stärker durchsetzenden leicht camouflierten Produktemarketing, das die zeitgenössische Popkritik zu dominieren droht – und mit Kritik eigentlich schon gar nichts mehr zu tun hat.» Florian Vetsch und Kaspar Surber lesen an diesem Abend Kritiken von Helmut Salzinger, DJ Augenwasser spielt die Songs dazu. Als Salzinger genug hatte von der Kulturrevolu- tion, zog er aufs Land, gründete die «Head Farm Odisheim», widmete sich der ökologi- schen Frage, wurde zum «Gärtner im Dschungel». Auch einige seiner späteren Gedichte werden vorgelesen.
«Taking over shit in all of the 1990's...» N.W.A macht auf der «100 Miles And Runnin' EP» allen Zweiflern klar wer im kommenden Jahrzehnt die Nase vorn hat. Ice Cube steigt bei N.W.A. aus, begibt sich an die später von ihm verhasste Ostküste und lässt sich von der Bomb Squad das grossartige «AmeriKKKa's Most Wanted» auf den Leib schneidern. Das Public Enemy Produzententeam Bomb Squad ist ausserdem verantwortlich für PE's epochales 1990er Feuerwerk «Fear Of A Black Planet». Premier und Guru aka Gang Starr taufen ihr Meisterwerk «Step In The Arena». A Tribe Called Quest gewinnen mit dem verspielten und doch ungeheuer groovenden Debut «People's Instinctive Travels & the Paths of Rhythm». Die Westküste wird kompetent repräsentiert durch exzellente Veröffentlichungen von Bay Area Veteran Too $hort mit «$hort Dog's in the House», Above the Law's «Livin' Like Hustlers» und Compton's Most Wanted's «It's A Compton Thang». Die Geto Boys aus Houston/Texas zelebrieren Gangsterism auf Rick Rubin's Def American Label und nennen das Produkt simpel «Geto Boys». MC Hammer geht Pop mit «You Can't Touch This» und Vanilla Ice wird weltweit zum Teenie Idol mit dem harmlosen «Ice Ice Baby». England kommt ruff mit Gunshot's «Battle Creek Brawl», Hardnoise's «Untitled» und London Posse's Albumerstling «Gangster Chronicle». In Holland geht 24K steil mit «No Enemies» und in der Schweiz wird das erste Volumen der «Fresh Stuff» Reihe getauft. Der Unterricht startet pünktlich um 22.00 Uhr. Durch den Abend im Hörsaal der Palace Universität führen die Professoren DJ Paul Neumann, DJ Reezm und Gast-DJ Pat (Rap History Biel) assistiert von Captaine Zwerg und MathK.
Den unverwüstlichen «Grandseigneur des Rock'n'Roll» und Psychobilly-Urvater anzukündigen ist eine Ehre: Gustavo (Tav) Falco und seine gefährlich charmante Band The Panther Burns spielen Country, Blues, Rockabilly und Surf-Rock, bis noch einem jedem die Ohren glühen und die Knie wackeln. Und er bedeutet mit jeder Faser jene Street Credibility, von der die meisten blutleeren Indie- Bands ein Leben lang nur träumen können: Tav, aufgewachsen in Arkansas und 1973 nach Jobs als Zugbremser, Eisfabrikarbeiter oder Autoreifenflicker nach Memphis gekommen, sang 1978 bei seinem Konzerteinstand den "Bourgeois Blues" und zerstörte dazu mit einer Kettensäge eine elektrische Gitarre. Mit seiner Band brachte er später, ähnlich wie die Cramps, Blues und Rockabilly aus den Sümpfen in die Städte, um Punk eine andere Dimension zu geben. Im Palace zeigt der Meister vor dem Konzert eine Auswahl seiner Kurzfilme, die er als Teil der Kunstaktionsgruppe Tele Vista zwischen 1974 und 1996 in Memphis, Paris oder Wien drehte; Filme über Motorradrocker oder wahre Honky-Tonker wie R.L. Burnside, die Tav persönlich kommentiert.
Vor 150 Jahren entwarf Henry David Thoreau mit „Walden – Leben in den Wäldern“ einen Gegenentwurf zu Kapitalismus und Kommunismus, den er gleich auch selber praktizierte. Sein Gegenmodell bestand aus Rückzug, Eigenverantwortung und Selbstversorgung. Patrick Schwarzenbach doktoriert im Fach Ethik und arbeitet als Pfarrer in St Gallen. Er referiert über Rückzug als Lebensentwurf nach der Katastrophe und aber auch als Alternative zur Katastrophe.
Backyard erzählt die Geschichte eines spontanen Musikfestivals in einem Garten in Reykjavik und viel über den Geist und die lebendige Musikszene der isländischen Hauptstadt. Danach spielt DJ Badrockar neue Musik aus dem Norden.
Im Sommer des Jahres 2001 meldete sich Peter Licht, er war noch nicht mal richtig angekom- men, bereits wieder ab: «Wenn ich nicht hier bin, bin ich auf dem Sonnendeck.» Sein damaliger Slow-Disco-Hit wurde zur ungekürten Hymne der Nullerjahre und verzückte und irritierte zugleich: Wie zum Geier konnte einen dieser Dadaismus dermassen berühren? Es folgten die Stratosphärenlieder und ab 2006 waren die Album-Titel so etwas wie die Zeit fassende Haikus: «Lieder vom Ende des Kapitalismus», «Melancholie und Gesellschaft» und im letzten Jahr folgte «Das Ende der Beschwerde». Und wie heisst es da so schön im Song «Schüttel den Barmann»? – «Vergrabt den Archäologen, schlagt den Trommler, zerhackt den Metzger ... verschliesst und verzinst den Mann aus der Bank.»
Angy Lord Lott und Tanja Pippi, die beiden an Hole, White Stripes oder Britta geschulten Riot-Grrrl-Schwestern aus dem Odenwald, sind auf ihrem zweiten Album «Walrus» zwar zugänglicher geworden, aber noch lange nicht lieblich. Rotzig und widerborstig, rocken sie von beklemmender Teenage Angst und irrwitzigen Geschlechter-Identitäten. Mit dringlicher Empfehlung ihrer Freunde und Produzenten Dirk von Lowtzow und Hans Unstern! «Television Religion» heisst das zweite Album der 21-jährigen Zürcher Sängerin Evelinn Trouble. Es ist ein selbstbewusster Trip durch die Geschichte der Gitarrenmusik und ganz im Geiste von PJ Harvey. Stand Trouble vor wenigen Jahren noch als Background-Sängerin von Sophie Hunger auf der Palace-Bühne, tut sie es diesmal mit ihrer eigenen Band.
Der junge Singer-Songwriter bringt so manches unter einen Hut: beispielsweise seine Homebase in der Skateboardszene San Franciscos und seine Engagements für Werbespots von Nike und Nissan. Er hat auch kein Problem zwischen kleineren Clubshows und seinem fünfzehnten Platz in den Jahrescharts eines gigantischen und ein bisschen bösen Onlinesupermarkts. El Kathibs Garagen-Rock stampft diese Widersprüche ungespitzt, aber charmant in den Boden.
Die Herren Novak, Sanfilippo und Wempe spielen Soul, Funk und Jazz, welcher später vor allem im Hip-Hop, aber auch in der Popmusik für Samples wiederverwendet wurde. Dabei wird ein Teil einer Musikaufnahme in einem neuen musikalischen Kontext benutzt. Bis heute ist dieses Vorgehen ein weit verbreitetes Vorgehen und ein popkulturelles Phänomen. So kommt es, dass viele Originale weitgehend unbekannt blieben, die Melodie oder der Refrain aber Karriere machte.
Die Erfreuliche Universität scheut die grossen Fragen nicht, im Januar war selbst der Weltuntergang das Thema. Im Februar folgt eine Aufhellung, das Thema ist die Satire. Unbestätigten Abmachungen zufolge auftreten werden ein Experte für den Karneval, Kenner der Satire in früheren Zeiten – und einer der besten politischen Cartoonisten der Schweiz. Klar sind bis jetzt erst die Termine: der 14., 21. und 28. Februar. Alles weitere folgt auf unserer Website und im Newsletter.
Ein Hörfilm aus Stimme, Geräuschen und Musik mit Schauspieler Marcus Schäfer und den beiden Gitarristen Marcel Elsener und Peter Lutz. Ausgehend von Heiner Müllers Texten öffnen ein Sprecher und psychedelische Gitarrenklänge die Tür zu unterbewussten Traumwelten: Männer im Fahrstuhl, Heuschrecken, Kentauren und andere Chimären bevölkern diese surrealen Texte, mit denen Müller versuchte, «die Qualität der eignen Träume zu erreichen». Der deutsche Dichter und Dramatiker sammelte Träume von Mitschülern, zeichnete eigene Träume auf und verarbeitete sie zu Traumtexten. Anschliessend zeigen wir Ausschnitte aus Christoph Rüters Dokumentarfilmen über Heiner Müller «Die Zeit ist aus den Fugen» sowie «Ich will nicht wissen, wer ich bin».
Mit ihrem Debutalbum «what happened» hat das Jazztrio weit über die Schweiz hinaus für Furore gesorgt. Nun taufen die drei St.Galler Josquin Rosset, Gabriel Meyer und Jan Geiger ihre neue EP «Lucy’s Dance», die in Zusammenarbeit mit bekannten Musikern wie DePhazz oder Matthew Herbert entstanden ist. Nach dem Konzert des Trios spielt der St.Galler Beatbastler Kafi-D, der zur aktuellen Platte einen Remix beigetragen hat, ein Live-Electro-Set.
Mit John Singleton's Regiedebut «Boyz N The Hood» über das Erwachsenwerden im Stadtteil South Central/Los Angeles und den besten Rap Tunes aus dem Jahr 1991 von A Tribe Called Quest, De La Soul, KMD, Cypress Hill, NWA, Main Source, Leaders Of The New School, Black Sheep direkt im Anschluss. Durch den Abend führen die DJs Reezm, Paul Neumann und der Gastdozent DJ Next One (Zulu Nation, Italy)
Die Erfreuliche Universität scheut die grossen Fragen nicht, im Januar war selbst der Weltuntergang das Thema. Im Februar folgt eine Aufhellung, das Thema ist die Satire. Unbestätigten Abmachungen zufolge auftreten werden ein Experte für den Karneval, Kenner der Satire in früheren Zeiten – und einer der besten politischen Cartoonisten der Schweiz. Klar sind bis jetzt erst die Termine: der 14., 21. und 28. Februar. Alles weitere folgt auf unserer Website und im Newsletter.
Der Geheimtipp im Palace-Winter 2012, eine Band mit womöglich grösserer Zukunft. Frànçois and the Atlas Mountains spielen Indiepop mit Chanson-Andeutungen und einem Hang zu Afrika. Das unaufdringlich-feine Gitarrenspiel und der grosse Charme erinnern an die schottischen Belle & Sebastian. Schwer einzuordnen und ganz schön aufregend. Mit «El Volo Love» bringen Frànçois and the Atlas Mountains als erste französische Band ein Album auf dem englischen Kultlabel Domino Records heraus und auf ihren zahlreichen Konzerten bei Road- Trips durch ganz Europa verbreiten sie eine unwiderstehliche Anziehungskraft.
Es begann in anderen Räu- men. Ihr Abbruch war be- schlossen, aber noch nicht ausgeführt. Wir baten die zuständigen Stellen um eine Zwischennutzung. Die zeitliche Beschränkung sollte inhaltliche Beweglichkeit bringen, die Nutzung nicht abschliessend sein. Wir liefen uns in der Frohegg über den Weg, der Quartierbeiz im St.Galler Bleicheli- und heutigem Bankenquartier, später im Hafenbuffet in Rorschach mit weiter Sicht auf den See. In einer Winternacht trafen sich zwanzig Leute. Ein kostspieliger Umbau des ehemaligen Kinos Palace war im St.Galler Parlament gescheitert. Wir wussten, es war die letzte Möglichkeit, einen Fuss in die Tür zu stellen. Am Ende einer verrauchten Nacht war der Plan ausgeheckt. Das Palace wurde 1924 vom Elektromonteur Jules Schulthess errichtet, Architekt war Moritz Moses Hauser. Eine Trutzburg des Fortschritts, erbaut mitten in der depressiven Textilkrise. Der elegante Bau sollte dem Bürgertum die Angst vor den Filmen nehmen. Die Eröffnung wurde mit der ersten Solotänzerin der Staatsoper Wien gegeben. Die Wiedereröffnung feierten wir am 27. Oktober 2006 mit einer Wiener Gala. Ein zweijähriger Probebetrieb lotete eine mögliche Nutzung aus. Danach stimmte das Parlament einer Sanierung zu.
Unser Betrieb fällt in ein Jahrzehnt, das im Rückblick die Bezeichnung Nullerjahre erhielt und sich durch die Schliessung auszeichnet: In dieser Stadt wurde ein Polizeireglement eingeführt, mit dem einzelne Menschen von öffentlichen Plätzen weggewiesen werden können. In der Schweiz führte die fremdenfeindlichen Hetze zur Annahme der Ausschaffungsinitiative, weltweit tobte der Krieg gegen den Terrorismus. Grenzenlos war einzig die Ökonomisierung aller Gesellschaftsbereiche. Die Finanzkrise nahm ihren Anfang in Hypotheken fürs Eigenheim. Es könnte ein Hinweis sein, dass die gesellschaftliche Alternative in öffentlichen Räumen liegt. Wir wollen einen zentralen städtischen Raum aus der kommerziellen Verwertungslogik nehmen. Unsere Musik, das Fest und die Politik sind der Versuch, Offenheit herzustellen. Deshalb gibt es auch keine Türsteher.
Wir lauschen allen möglichen Stilen. Wir mögen die Ränder und die Ausfransungen, den Blick zurück und für Grüsse nach vorn. Gespielt haben, und viele mehr: Animal Collective, Dirty Projectors, Caribou, The Very Best, Omar Souleyman, Theo Parrish, Television Personalities, The Monochrome Set, Lee Scratch Perry, Of Montreal, The XX, Joan As Police Woman, Sole, Dälek, Themselves, Jeffrey Lewis, Ja, Panik, Stahlberger. Für die Theoriebildung ist die Erfreuliche Universität zuständig, erkennbar durch ein Banner, das jeden Dienstag über der Bühne gehisst wird: Behandelt werden historische, politische Themen. Zunehmend interessieren wir uns für soziale Beziehungen, und was sie für unseren Betrieb bedeuten: Lohnarbeit, Queertheorie, Interkultur. Es gibt keinen Ursprung, nur den ständigen Anfang. Und die Auflösung im Fest. Soul Gallen und die weiteren Nachtbars machen das Palace zum Tanzsaal: Get dressed and put your dancing shoes on!
Für die demokratische Abstützung haben wir den Betriebsverein zur Association Palace St.Gallen erweitert. Die ersten fünf Jahre Palace feiern wir etwas verspätet. Wobei das Verpassen des Jubiläums zu unserer Idee passt: So feiern wir fünf Jahre Palace und mehr. Statt nacheinander, bringen wir am 24. Februar 2012 an einem Abend zwei Bands zusammen, die unterschiedlich sind in der Musik aber ähnlich in der Haltung – und erst noch Häuser zum Programm erklären: Real Estate und Shabazz Palaces.
Real Estate steht im Englischen für Immobilien, Grundbesitz, Ländereien. Die gleichnamige Band aus den Vororten von New Jersey spielt befreite Auswege aus trügerischen Konstrukten. Ihre Bewegungen gehen leichtfüssig in die Vergangenheit, um auf utoptische Zukunftsentwürfe zu stossen. Ihr ausgefeilter Postrock erinnert an fantastische 80er-Gitarrenbands wie die englischen Felt und Smiths, aber auch an The Sea and Cake und natürlich ihre älteren Staatsgenossen The Feelies. Hier gehts nicht um Kraftmeierei, sondern um sanftmütige Intuition und grosses Zauberwissen. Und um eine jederzeit offene Auslegung: «Wir forcieren nichts» sagte die Band unlängst, «wir könnten sogar mal ein elektronisches Album machen. Aber die Texte würden noch immer von Häusern handeln, haha.» Hinter Shabazz Palaces steckt ein Rapper alter Schule, der seinem Genre neue Ideen liefert. Mit den Digable Planets hat es Ishmael Butler alias Butterfly Anfang der Neunziger zu Kultstatus gebracht. Knapp zwanzig Jahre später macht er zusammen mit Percussionist Tendai Maraire unter dem Namen Shabazz Palaces Musik, die man nicht mehr für möglich hielt, seit das visionäre Hip-Hop-Label Anticon an Schärfe verloren hat. Auf der Höhe der Zeit rappt Butler über vertrackte, aber ebenso groovende Beats, zu afrikanischen Rhythmen und Einflüssen aus dem Dubstep. Black up für die schäbigen Paläste!
Freundliche Grüsse an alle KünstlerInnen, die den Weg hierher fanden, manche mehr als einmal. An die ZuschauerInnen aus dem ganzen Land und von hinter der Grenze, die in den letzten Jahren an die Anlässe gekommen sind. An alle MitstreiterInnen, die beim Betrieb mitgeholfen haben. Wir sprechen hier von wir. Das Palace ist ein loses Bündnis. Dazu gehört, wer auch immer sich für die Musik, das Fest und die Politik interessiert, um die es hier noch gehen könnte. Gerade auch die Jugendlichen am Stadtrand und im weiteren Hinterland, die unsere Signale empfangen und sehr wohl verstanden haben. Freundinnen und Freunde der Nacht, wir treffen uns. Friede den Hütten!
Mit neuer Musik aus dem hohen Norden und einer Überraschung besonderer Art
Die Erfreuliche Universität scheut die grossen Fragen nicht, im Janu- ar war selbst der Weltuntergang das Thema. Im Februar folgt eine Aufhellung, das Thema ist die Satire. Unbestätigten Abmachungen zufolge auftreten werden ein Experte für den Karneval, Kenner der Satire in früheren Zeiten – und einer der besten politischen Cartoonisten der Schweiz. Klar sind bis jetzt erst die Termine: der 14., 21. und 28. Februar. Alles weitere folgt auf unserer Website und im Newsletter.
Merrill Garbus geht auf der Bühne Risiken ein: mit Standpauke und Snare baut sie live für jeden Song die Beats, greift parallel zur Ukulele, die sie vorzüglich spielt, und gräbt sich mit einer Stimme, die Tiefen und Höhen kennt, durch alle emotionale Schichtungen. Nebenher grummelt geschmeidig der Bass von incredible Nate Brenner. Da klingen amerikanische Sounds und afrikanischer Highlife an, doch auch Paul Simon schaut schnell vorbei. Mit ihrem zweiten Album stürmten tUne-yArDs2011 die Bestenlisten – dem typografisch abschreckend gesetzten Namen zum Trotz. Quasi als Nachtrag zum Nordklang-Festival eröffnen den Abend die blutjungen isländischen Caterpillarmen mit einem Sound, den man spooky Postmetal nennen könnte.
Vor 1400 Jahren traf ein Missionar in diesem unwirtlichen Hochtal ein. Um seine Klause entwickelte sich eine Stadt. Die Jubiläumsfeierlichkeiten sind schon im vollen Gange. Wir erlauben uns daran zu erinnern, dass die politischen Gebilde der Schweiz vor etwas mehr als 200 Jahren von einem Feldherren am Reissbrett in Paris entworfen wurden. Gallus hin, Napoleon her: Im Monat der Kantonsratswahlen behandeln wir unter anderem das heutige Verhältnis von Stadt und Kanton.
Diskussion mit Thomas Scheitlin, Stadtpräsident, Kantonsrat, FDP, Fredy Fässler, Regierungsratskandidat, Kantonsrat, SP, Michael Götte, Regierungsratskandidat, Kantonsrat, SVP, Erol Doguoglu, Stadtbaumeister, Kantonsratskandidat, CVP, Susanne Hoare-Widmer, Kantonsrätin, Grüne. Gesprächsleitung: Peter Stahlberger
Ein fantastisches Versprechen für alle Sinne, Augen und Tanzbeine sowieso, ist das achtköpfige New Yorker Kunst- und Musik-Kollektiv mit dem phänomenalen Händeklatsch-Namen. Seine eigenwillige Mischung aus Disco, Prog-Rock, Electro und New Wave hat bereits Gastauftritte von Mitgliedern der Jon Spencer Blues Explosion, TV On The Radio und The Dap-Kings angezogen und Altmeister Bryan Ferry begeistert, der das Dancefloor-Orchester auf seine jüngste US-Tournee einlud. Die Frauen und Männer der Handclappers seien Astronauten des progressiven Soul, meint der «Guardian», verankert an jenem himmlischen Punkt, wo Rock, Funk und Psychedelia zu einer wunderbaren kosmischen Disco erblühten. Come and join us!
Alles ganz einfach, wissen die Aeronauten. Sie sind gegen alles, vor allem gegen den «Sack am Radio», und machen drum die Welt zu einem besseren Ort. Seit zwanzig Jahren! Dass sie als Ostschweizer Band mit Hauptsitz Schaffhausen (nein, sie zogen sie nach Hamburg) so lange durchgehalten haben und von der Rumpelkapelle zu orchestraler und – hoppla - systemrelevanter Grösse herangewachsen sind, darf gefeiert werden. Mit dem Doppelalbum «Too big to fail» voller abgründiger Texte, Melodien und Instrumentalkrachern; mit einer DVD-Hommage von Szenen und Statements und einem Film von Matto Kämpf als Zugabe. Im Palace spielen sie ihr international geschätzt 827. Konzert: Als gern gesehene Freunde, von denen man nebst altersradikalen Weisheiten auch einige Welthits wie «Bettina», «Schnee», «Wie es sein muss» oder «Eddie» erwarten darf. – «Wissen, wo die Sonne am besten scheint», das tut wie Guz & Co auch der Basler Songschmied Sam Schneider (Handsome Hank), der endlich wieder einmal mit seinem Nebenprojekt Congaking mit witzigen deutschen Texten und süffig-schrägem Band-Pop tourt. Alles ganz einfach!
Die Luzerner New-Waver Les Yeux Sans Visage bringen konsequent keine ausgewachsene CD raus. Die Begründung von Sänger und Bassist Remo Helfenstein: Er habe kein Album daheim, auf dem es jeder Song verdient hätte, verewigt zu werden. Bei den dreien trifft das Selbstbewusstsein jüngerer heimischer Bands auf den Trotz von britischem Postpunk. Ein bisschen wärmer wird es bei den fabelhaften vier Badener Christopher Christopher, deren Referenz ebenfalls von der Insel, aber aus einer anderen Zeit kommt …
Talk mit Gästen von hinter dem Ricken, u.a. Kultur- und Kunstwissenschafter Peter Röllin.
Der Songwriter Cass McCombs wurde auch schon als Mystery Man bezeichnet. Tatsächlich ist er schwer zu fassen: Jahrelang vagabunderte er quer durch die Vereinigten Staaten, schlief auf Sofas und im Auto. Und kreuzte die Wege wichtiger Bands: Modest Mouse, Cat Power, Arcade Fire, Fiery Furnance, Ariel Pink und viele mehr. Mittlerweile soll er sich in Kalifornien niedergelassen haben. Im letzten Jahr hat er gleich zwei Botschaften verschickt: Das trübe Alben «Wit’s End». Und das heitere «Humor Risk». Auf seiner Website schreibt er dazu geheimnisvoll: «Es ist ein Versuch über das Gelächter statt über die Verwirrung, über die Unordnung statt die Moral. Oder wie Jack London gesagt hat: Ich möchte lieber die Asche sein als der Staub.» John Peel meinte über McCombs: «Unauffällig brilliant.» Keinesfalls verpassen gilt hier wörtlich.
Seine Singles aus den Sechzigern sind heiss begehrte Sammlerobjekte, sein Duett mit Sharon Stones drückte hinreissend auf die Gefühlstube, seine Kooperation mit dem französischen House-Witzbold Martin Solveig fuhr in die rosaroten Leggins. Und dann erschien vor drei Jahren endlich von Lee Fields & The Expressions das Album «My World». Ein spät geborener Klassiker, ein Nachzügler der Musikgeschichte, ein schnörkelloses Soulalbum, das gerade rechtzeitig kam, um die nachwachsenden Soulfans mit Stoff zu versorgen, der den grandiosen Klassikern in nichts nachsteht. Und doch stand ihm – ihm, der wohl nie recht aus James Browns Schatten treten konnte – der junge Aloe Blacc im Weg, um richtig durchzustarten. Völlig zu unrecht, denn, Ladies und Gentlemen, hier betritt einer der ganz Grossen die Bühne, erweisen Sie Lee Fields die Ehre!
Sie haben beide grossen Erfolg mit dem, was sie machen: die Mundartsängerin Sina und die Jazzsängerin Erika Stucky, die zwei Schwestern im Geiste aus Wallis. Nun präsentieren sie gemeinsam Sagen und Geschichten aus dem Wallis. Im Mittelpunkt stehen selbstgedrehte Super-8-Filme, die live vertont werden. Mit sarkastischer Heimatkunde und musikalischen Halluzinationen gehen die beiden bis an die Grenze des guten Geschmacks: Stucky & Sina auf der Suche nach ihrer verlorenen Mutter in einer Walliser Kapelle. Als Hebammen, die eine Bäuerin entbinden. Als Bondgirls in einem Istanbuler Hotel. Zwischendurch erinnert der kanadische Tuba-Virtuose Ian Gordon-Lennox daran, wie das alles einmal war mit dem Jazz und so ... Eine Mischung aus Popshow, Kabarett, Jazzabend und Trash-Event.
Buvette wurde auch schon als der kleine, fröhliche Bruder von Bit-Tuner bezeichnet. Auf alle Fälle verbindet die beiden Elektroniker, sie ganz und gar nach der weiten Welt klingen. Buvette, einst im Wintersportort Leysin aufgebrochen, legt nach «Houses and The Voices» sein neues Werk «Palapa Lupita» vor. Der Song «Directions» gibt mit Flöten und Geheule die Richtung vor: Auf gehts in Gefilde, die bestenfalls Indianer kennen. Das Cover hat Adrian Rast von der Palacekasse gestaltet. Die Musik von Zigitros, die im Januar mit ihrem Debut aufhorchen liessen, pendelt ebenfalls zwischen Traurigkeit und Glücksgefühl. Das Zürcher Duo nennt den Zustand Melanphoria
Alright, was für eine schöne Fügung! Karfreitag ist ja der Tag der Abstinenz. An diesem «Stillen Freitag» fahren nun also passend wie die Faust aufs Auge die Saftwurzel Endo Anaconda und sein Stiller Has in St.Gallen ein: Die Dampfwalze der Liebe, dieser nun 23 Jahre andauernde Schweiss- und Bluesausbruch, der zuverlässig und bitterbös auch dort wütet, wo es sich die Schweizerinnen und Schweizer ein bisschen zu wohlig eingerichtet haben. Denn, so sagte Anaconda einst: «Kunst ist eine Störung der Nebenniere, eigentlich eine Geisteskrankheit. Jemand mit gesunden Drüsen macht so etwas nicht. Der hat einen Monitor-Job und fährt Elektrobike.»
Mit selten gehörter Musik unterschiedlichster Prägung an der langen Bar über den Gleisen durch die Nacht.
Das Konzert von Shearwater am 13. November 2008 im Palace hat sich an unsere Erinnerungen gehaftet. Klar war das spätestens, als sich das Publikum und die Band für die akustische Zugaben spontan um den Flügel versammelten. Wir erinnern uns auch an ihren wikingerhaften Perkussionisten Thor Harris, der auf selbstgebauten Instrumenten spielte. Nach etwas mehr als drei Jahren freuen wir uns daher über die Rückkehr der Band aus Austin, Texas. Mittlerweilen ist die fünfköpfige Band um den Ornithologen Jonathan Meiburg bei Sub Pop unter Vertrag und hat dort gerade ihr achtes Studioalbum veröffentlicht. Dabei bleiben sie ihrem stimmungsvollen Folkrock mit grossen Melodien und viel Pathos irgendwo zwischen The National und Talk Talk treu. Im Vorprogramm singt die kanadische Singer-Songwriterin Julie Doiron, auch bekannt als frühere Bassistin und Sängerin von Eric’s Trip, über lange Winter und schweren Schnee
Durch die grossen Erfolge der Komponisten Max Richter oder Johann Johannsson und Bands wie Sigur Ros hat die post-klassische Musikszene in den letzten Jahren ordentlich Aufschub erhalten. Auch A Winged Victory For The Sullen sind dieser Bewegung zuzuschreiben. Das Projekt ist das Ergebnis der neuen Zusammenarbeit zwischen Stars Of The Lid-Gründer Adam Wiltzie und dem bekannten amerikanischen Komponisten Dustin O'Halloran. In gemeinsamen Aufnahmen in Kirchen, Villas und DDR-Studios experimentierten sie mit Droneklängen in extrem tiefen Frequenzbereichen, Pianos und Streichern. Das Resultat ist ein Album, das der Guardian als ein «umfassendes und cineastisches Ambient-Schmuckstück» beschrieb. Wir freuen uns auf ein etwas anderes Konzert mit Streicher-Duo und Flügel.
Aus Anlass des 40. Todestages hat das Palace im Februar bereits eine Matinee zum Flücht- lingsretter Paul Grüninger veranstaltet. Mit dem Buch «Grüningers Fall» hat Stefan Keller die Geschichte in den Neunzigern aufgearbeitet. An diesem Abend diskutiert Keller mit den beiden Theaterregiesseuren Samuel Schwarz und Milo Rau darüber, wie sich Kunst und Geschichtsschreibung, Journalismus und Erinnerungspolitik gegenseitig beeinflussen. Schwarz und Rau machten in St.Gallen beide mit Inszenierungen zum Eigenen und zum Fremden von sich reden: Mit «Wilhelm Tell» und «City of Change».
Mit selten gehörter Musik unterschiedlichster Prägung an der langen Bar über den Gleisen durch die Nacht.
Er wirkt wie der sympathische Kerl aus der lokalen Electronica- Szene, der nerdige Typ von nebenan. Der bescheidene Eindruck täuscht aber nicht darüber hinweg, dass Daedelus ein allseits geschätzter Pionier des schwer angesagten Frickel-Electronica ist Als einer der ersten experimentierte er an Live-Shows mit dem heute weit verbreiteten digitalen Musikinstrument Momome, und lange bevor der grosse Boom einschlug, mischte er Hip-Hop Beats mit Psychedelic und elektronischer Tanzmusik. Zwölf Alben hat der Beatbastler aus Los Angeles seither solo veröffentlicht, die meisten davon auf dem Vorzeigelabel Ninja Tune, weitere drei mit seiner Frau im Folktronica-Nebenprojekt The Long Lost. Nachdem Dimlite, Thavius Beck und viele mehr im Palace zu Gast waren, ist es also höchste Zeit für eines der berüchtigten Konzerte von Daedelus, der sich auf der Bühne übrigens als viktorianischer Dandy mit steilem Backenbart gibt und sich seinen Namen bei einem Kunsthandwerker aus der griechischen Mythologie geliehen hat.
HSG-StudentInnen haben sich unter Anleitung von Milo Rau eine Woche lang mit der Aufarbeitung von Grüningers Fall beschäftigt. In einer Matinee präsentieren sie ihre Rechercheergebnisse.
gambrinus jazz plus
Brian Blade zählt derzeit zu den besten und gefragtesten Jazz-Schlagzeugern, spielte der erst 42-Jährige doch schon mit Herbie Hancock, Wayne Shorter, Bob Dylan, Joni Mitchell und Norah Jones zusammen. Mit 18 tauchte der Sohn eines Pastors aus Shreveport, Louisiana erstmals in die Jazzszene von New Orleans ein und erspielte sich dort schnell einen hervorragenden Namen. Von einer ganz anderen Seite zeigt sich Blade auf seinem aktuellen Singer-Songwriter Album «Mama Rosa», das 2009 erschienen ist. Die zurückhaltenden Folk- und Country-Songs leben von seiner warmen Soul-Stimme und den stets greifbaren Jazz-Bezügen. Aufrichtig erzählt der musikalisch vielseitig talentierte Blade von seiner Familie, von Erinnerungen, dem Glauben und von ihm nahestehenden Menschen. Dass es sich bei der aktuellen Veröffentlichung um ein sehr persönliches Album handelt, zeigt schon der Titel, der den Namen seiner Grossmutter Rosa trägt.
Oval sieht eine CD aus, kurz bevor sie entzweit wird. Diese Spannung beherrscht die Musik des Klangideologen Markus Popp alias Oval. Sein Projekt ist weniger Musik als akustisches Design. Die Gestaltung, die Ausbreitung und das Wiederholen des Klanges erfolgt von seiner eigen entworfenen Soft- ware, so wie man es auch von Autechre und Brian Eno als «generative music» kennt. Im Falle von Oval stets mit dem Zweck, die Digitale Revolution zu erweitern. Das international viel beachtete Projekt war in den Neunzigern ein einzigartiger Gegenentwurf zu Techno und hat das Genre Glitch entscheidend mitgeprägt. Markus Popps Klangwelt sind sauber, offen und vermeintlich fehlerhaft. So wirken das Fiepen, Surren, Stottern, Klackern und alle anderen möglichen Klickgeräusche autonom, während das Rauschen und Brummen ein eigenes Bewusstsein bekommen. Begleitet wird Oval von Naoko Tanakas Visual-Projektionen. Norbert Möslang steht Ovals Musik mit seiner analogen «geknackten» Musik als Gegenspieler entgegen. Wir freuen uns auf dieses sonische Grossereignis.
Vintage Soul, Funk und R'n'B – diesmal mit hohem Besuch aus New York. Neal Sugarman ist Mitgründer von Daptone Records, dem Zuhause von Charles Bradley, Lee Fields und Sharon Jones und war als Saxophonist von The Dap-Kings, der Haus-Band von Amy Winehouse, nichts weniger als auf den 10 Millionen-Hit-Singles «Rehab» und «Black to Black» zu hören.
Was haben Filme wie «Fight Club», «The Great Dictator», «Dogville» und «Alien» gemeinsam? Was ist der Rohstoff dieser grandiosen Filme? Der Philosoph und Psychoanalytiker Slavoj Zizek, eine der innovativsten Kulturtheoretiker unserer Gegenwart, nimmt die Hauptrolle des 2006 erschienen Dokumentarfilmes «The Pervert's Guide To Cinema» ein. Regie führte Sophie Fiennes, die Schwester des Schauspielers Ralph Fiennes. Sie stellt Zizek in den nachgestellten Szenen der Filmgeschichte vor die Kamera, während er die ganze Bedeutung des Kinomediums durchwühlt und dabei die menschliche Psyche des Zuschauers intellektuell aufspiesst. Dabei nimmt sich der ewig rastlose Slowene über 40 wichtige Filme vor und beleuchtet zwei wichtige Eigenschaften der dramatischen Verführung: den Angst- und Sexualtrieb. Nach dem Film erfreuen wir uns über eine offene Diskussion mit dem Publikum und ExpertInnen.
«This is how we chill from 93 'til...» Kein Zitat repräsentiert das Rapjahr 1993 wohl besser als Souls Of Mischief's «93 Til' Infinity». Ein zeitloses Rapjuwel, das bis heute in keinem Klassikset fehlen darf. Der Wu-Tang Clan erobert mit «Enter The Wu-Tang (36 Chambers)» von Staten Island aus die Welt, und auf leisen Pfoten schleicht Snoop Dogg mit dem von Dr. Dre produzierten Album «Doggystyle» aus Long Beach in die Charts. Queen Latifah erhält für «U.N.I.T.Y.» einen Grammy und Run-DMC feiern mit dem von Pete Rock produzierten «Down With The King» ein Comeback. DJ Premier trifft Jeru The Damaja in einer Tropfsteinhöhle und bastelt das hypnotische «Come Clean», währenddessen Lawrence Parker «Return Of The Boom Bap» nicht mehr unter Boogie Down Productions sondern unter KRS-One veröffentlicht. 2Pac sorgt für handfeste Schlagzeilen, veröffentlicht sein zweites Album «Strictly For My N.I.G.G.A.Z.» und spielt an der Seite von Janet Jackson im Film «Poetic Justice» die männliche Hauptrolle. In Europa erscheinen neue Alben von Blade, I AM, Soon E MC, Supreme NTM, und Jimmy Jay. Durch den Abend im Hörsaal der Palace Universität führen die Professoren Paul Neumann, Reezm und der Gastdozent DJ Bouncer aka H-Maa, assistiert von MathK.
Jona Bechtolt, das darf man schon sagen, sieht ein wenig aus wie die beiden Pet Shop Boys. Vor neun Jahren hüpft er das erste Mal durchs Bild, erobert mit seinem dritten, wenngleich auch etwas halbgaren Album «I Believe In You. Your Magic Is Real» die Herzen des Indiepublikums, um dann 2007 mit dem vierten Album abzuheben. Das bedeutet 8.5 Punkte bei Pitchfork, der «Timbaland des Indierocks» ist geboren. Wobei es vermutlich noch eine viel grössere Ehre ist, von James «King Cowbell» Murphy des LCD Soundsystems und seinem Label DFA Records unter Vertrag genommen zu werden. Zudem holt sich Bechtolt Claire L. Evans zur Verstärkung an Bord. Im Jahr 2011 veröffentlichen die beiden ihr Konzeptalbum über die Sinnlosikgkeit eines katholischen Himmels: «Shangri-La» fällt einfacher aus als die Vorgänger, aber die Cowbell scheppert weiterhin über den Dancefloor.
Geschickt entwirft der New Yorker Daniel Lopatin alias Oneohtrix Point Never retrofuturistische, elektronische Musik zwischen Ambient, Drone und Noise. Er setzt ungewöhnliche Samples und Klangschnipsel aus Fernsehwerbungen und Hörspielen mit Synthesizer- und Drone-Klängen neu zusammen. Dabei verschwimmen die Zitate und Bezüge und die Zeitmaschine spuckt etwas Neues aus, das mit Nostalgie nicht viel am Hut hat. Oneohtrix Point Never baue rätselhafte Collagen aus bereits Gehörtem, schreibt die «Die Zeit». Der schottische Musikjournalist David Keenan hat dafür den Begriff «Hypnagogic Pop» erfunden. Hypnagogie bezeichnet ein Bewusstseinszustand, der in Form von Pseudohalluzinationen beim Einschlafen auftreten kann. Oneohtrix Point Never macht wahrhaftig den schaurig schönen und verstörenden Soundtrack dazu. «Replica» ist denn auch eines der aufregendsten Alben der letzten Jahre. Im Palace spielt er sein erstes Konzert in der Schweiz.
Mit selten gehörter Musik unterschiedlichster Prägung an der langen Bar über den Gleisen durch die Nacht
Der Biolandbau in der Schweiz hat eine fast hundertjährige, bewegte Geschichte, die von Überzeugung und Skepsis, Widerstand und Durchbruch erzählt. Der Film «zwischen Zorn und Zärtlichkeit» von Benno Hungerbühler und Thomas Alföldi fasst sie zusammen, mit historischen Bildmaterial und Interviews mit ProtagonistInnen.
Podiumsdiskussion im Rahmen des Sozial- und Umweltforums Ostschweiz zum Thema «Die Wirtschaft schiebt Dauerkrise – wie halten wir dagegen?». Diskussionsteilnehmende: Ina Praetorius, Theologin, Ethikerin, Autorin. Daniel Lampart, Chefökonom des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes SGB, Katharina Prelicz-Huber, Präsidentin des Verbands öffentlicher Dienste VPOD, Ueli Mäder, Soziologieprofessor, Martin Rohner, Geschäftsleiter der Alternativen Bank.
Teuer und ineffizient oder ökologisch und auf bestem Weg? Seit Jahren wird heftig über die Landwirtschaft gestritten, nicht nur in der Schweiz. Dabei verlaufen die Konflikte oft quer zu den Parteiengrenzen. Bettina Dyttrich, WOZ-Redaktorin mit Schwerpunkt Landwirtschaft, geht den Ursachen dieser Konflikte nach.
«Sonic Traces: From Switzerland» könnte als ein «live produzierter Dokumentarfilm» umschrieben werden. Diese Performance bietet vielfältige, überraschende und widersprüchliche Einblicke in die Schweiz des 21. Jahrhunderts: Alltägliche Geräusche haben ihren Platz neben zeitgenössischer Musik oder Stimmen aus der Natur. Porträtiert werden so unterschiedliche Künstler wie der Berner Trash-Blueser Reverend Beat-Man oder der Zürcher Musiker und Komponist Ruedi Häusermann. Die Bässe des St.Galler Dub-Musikers Bit-Tuner gehören genauso zur Klangkulisse Schweiz wie die Berner Klezmer-Band Ot Asoy und das eidgenössische Jodlerfest in Interlaken. Sie werden zu einem dichten Mix verarbeitet, teilweise verfremdet und manipuliert. Fotos von Orten, Personen, Instrumenten und Objekten sowie Filme mit Interviews und Konzerten ergänzen diesen Sound auf der visuellen Ebene.
Mundartsoul – das gab's noch nie und es hört sich sogar gut an. «Bluemewäg» heisst der erste Hit der siebenköpfigen Schaffhauser Band, eine Hymne an die Kindheit, den alten Kirschbaum und an den Aufbruch. Man könnte sagen, die Band sei wieder angekommen, wo alles seinen Anfang nahm. Am Bluemewäg in Schaffhausen, wo die Musiker von Min King, damals noch mit anderen Band- projekten, erste musikalische Gehversuche wagten. Im Frühling erscheint das erste Album – eine üppige Kollektion von knalligen Soul-Nummern. Nach dem Konzert sorgen die Herren Wempe, Novak und Sanfilippo mit Soul, Funk & R'n'B für das obligate Zukken in den Beinen.
Dafür, dass seiner Musik am laufenden Band Endzeit-Stimmung angedichtet wird, sieht Sam Shackleton verdammt nett aus. Der Mann mit dem tollen Namen stammt aus einem Kaff im Nordwesten Englands und ist so etwas wie Onkel Dubstep himself; hat nach den Versuchen mit seiner Punkband Anfang der Nullerjahre angefangen mit Dub-Bässen und hackenden Snares zu experimentieren und landete 2004 prompt auf dem Best-of-Sampler des Labes Matador. Shackleton läuft in der Folge neben (und manchmal auch ein bisschen hinter) den oft durch Verweigerung medienwirksamen Stars der Szene her. Er entwickelt die noch junge Musik in der Folge aber prägend mit und weiter und gründet das mit steten und aufregend-deepen Veröffentlichungen auf sich aufmerksam machende Label Skull Disco. Einige Jahre später greift sich dann Ricardo Villalobos während seiner Sets öfters ein Shackleton-Stück aus der Plattenkiste und adelt den bescheidenen Briten als Meister, der es versteht, Sounds mit cineastischen Qualitäten zu generieren, die aber eben nicht nur die Hirnwindungen, sondern auch den Dancefloor zum Vibrieren bringen. Welcome Mister Sam «seriously deep» Shackleton! Zugleich tauft Beat- und Sound-Spezialist Bit- Tuner einmal mehr seine neue Platte «Signals EP» im Palace. Die Live-Shows des Exil-St.Gallers gehören zu den Besten seines Faches. Höchste Zeit für den internationalen Durchbruch!
Die Ernährung weltweit ist von vielen Konflikten begleitet: Hunger und Überernährung, zerstörte Böden, knappes und privatisiertes Wasser, Patentierung von Saatgut, Massentierhaltung, hoher Energieverbrauch und Klimaerwärmung, Agrotreibstoffe, Landgrabbing und Monopolbildung von Agro- und Lebensmittelkonzernen. Thomas Gröbly, einst als Landwirt gestartet, lehrt heute Ethik an der Fachhochschule Nordwestschweiz und der Schweizerischen Hochschule für Landwirtschaft.
Der kanadische Sänger, Musiker und Produzent Sandro Perri ist nicht einfach greifbar. Mit seinem Projekt Polmo Polpo forschte er im Spannungsfeld zwischen Electronica, Ambient und Postrock und wurde stets als Geheimtipp gehandelt. Faszinierend und bei Kritikern beliebt war seine Arbeit schon immer, nur mit dem Erfolg wollte es nie wirklich klappen. Auch sein neues, auf Constellation Records veröffentlichtes Album «Impossible Spaces» hätte mehr Aufmerksamkeit verdient. Musikalisch ganz woanders verortet als noch mit Polmo Polpo, wandelt Sandro Perri zwischen Folk, Blues, Bossa Nova, Jazz und Disco und zeigt sich dabei als ausgezeichneter Sänger. Der Link zu ähnlichen Quergeistern und Vorbildern wie Arthur Russell, Tim Buckley oder Sam Prekop (The Sea and Cake) liegt nahe. Wertschätzung kommt nun von prominenter Stelle: Destroyer hat Perri und seine Band zum Tour-Support eingeladen und auf James Murphys (LCD Soundsystem) Label DFA-Records erscheint gerade eine Remix- Platte eigens mit Songs des Kanadiers. Support erhält Perri an dem Abend vom experimentellen Singer-Songwriter und Musikerfreund Eric Chenaux.
Niemand gastierte häufiger im Palace als er, natürlich verdientermassen: Jeffrey Lewis, der begnadete Storyteller, Songwriter, Zeichner und letzte Punk in der (Anti-)Folkszene. Diesen Winter hat er u.a. mit Pulp gespielt und mit Thurston Moore, Genesis-P-Orridge und Jonas Mekas (!) gelesen. Nun kehrt er mit dem jüngsten grossartigen Album «A Turn In The Dream-Songs» und seiner Band The Junkyard zurück (zu viert mit Bruder Jack, David, Kristin), und wir warten gespannt auf den epischen Song von jener Welt aus Schleim, wo alles noch möglich schien. Interessant ist die Kombination mit den verstörend schönen Tu Fawning, den «apokalyptischen Abba aus Portland» und ihrem traumfängerischen «Angstpop»: Von ihrem Auftritt im Mariaberg kriegen manche noch immer feuchte Augen. Angeführt von Corinna Repp und Joe Haege (31 Knots, Menomena), erheben sie sich auf ihrem neuen Album «A Monument» aus dunklen Sümpfen in sphärische, mit Analog-Synthies ausgemalte Höhen.
Fernab der verklärenden und romantisierenden Ethno-Weltmusikindustrie existieren an den Rändern dieser Erde ein freier Sound und eine andere Realität. Dorthin zielt unsere Konzertreihe um Konono No.1 mit ihrem Blechtechnoorchester, Shangaan Electro aus Soweto bei Johannesburg (am 28. Juli im Palace) oder eben Jagwa Musics vom Kurs abgewichener Afro-Punk aus den schnell wachsenden und armen Suburbs von Dar Es Salaam in Tansania. Die meisten Mitglieder der siebenköpfigen Gruppe arbeiten tagsüber in den abenteuerlichen Busbetrieben der Vorstädte und spielen am Wochenende mit Jagwa Music auf Hochzeiten und anderen Feiern, früher vor allem auf Strassen, heute mitunter auf grösseren Bühnen. Old-style Zaramo-Drums und als Trommeln dienende Stühle bilden die Rhythmus-Fraktion, dazu kommen billige Casio-Keyboards und viel Geschwindigkeit – mehr braucht es nicht für diesen hypnotisch-trashigen Trip, der nicht ohne pausenloses und exzessives Tanzen kann. Der Sänger von Jagwa Music erzählt in den Texten vom alltäglichen Geschehen und Überleben in Dar Es Salaam, von Arbeitslosigkeit, Drogen, Alkohol, Aids und untreuen Partnern. Und auch wenn Jagwa Music von den Medien in Tansania ignoriert wird, auf der Strasse kennt sie jeder. Ihre Slogans werden selbst an der Rückseite der Dala-Dala-Bus-Taxis verewigt. Steht «Bongo Hotheads» vielleicht schon bald in grossen Lettern auf einem VBSG-Bus?
Outkast aus Atlanta überzeugen mit ihrem Erstling «Southernplayalisticadillacmuzik» auf ganzer Länge. In New York werden gleich zwei Könige auf's Mal gekrönt: Nas beansprucht einen Teil des Thrones mit dem epochalen «Illmatic» und Notorious B.I.G. die andere Hälfte mit dem überragenden «Ready To Die». Die Gravediggaz (Prince Paul, RZA, Too Poetic, Frukwan) verteilen heisse Ohren mit dem stampfenden «6 Feet Deep» und kreieren das Subgenre «Horrorcore Rap». Die Fugees veröffentlichen das noch kaum beachtete Debutalbum «Blunted On Reality», The Roots aus Philadelphia fragen «Do You Want More?», Redman nennt sein zweites Album «Dare Iz A Darkside» und Jeru The Damaja hat sich von DJ Premier das hervorragende «The Sun Rises In The East» auf den Leib schneidern lassen. Die Crooklyn Dodgers (Special Ed, Buckshot & Masta Ace) sorgen mit dem Titelsong «Crooklyn» zum gleichnamigen Film für ein weiteres von vielen Highlights im Jahr 1994. Wir beginnen mit dem semi-autobiografischen Film von Spike Lee, der in Brooklyn, NY handelt und vor Ort gedreht wurde. Direkt im Anschluss findet der Unterricht mit DJ Reezm, DJ Paul Neumann und dem Gastdozenten DJ Pac-Man statt.
Im Rahmen der Vertragslandwirtschaft verpflichtet sich eine Gruppe von KonsumentInnen, jede Woche einen Essenskorb von den ProduzentInnen abzunehmen. Nachdem das Prinzip bereits in diversen Städten der Schweiz erfolgreich angelaufen ist, startet regioterre diesen Monat ihren Betrieb in St.Gallen. Doch was genau steht hinter dieser Form des Einkaufens? Ein Erklärungsversuch.
Niedrige Höhlen – was für ein schöner und passender Bandname. Die Dunkelheit und klaustrophobische Enge untermauert die Band aus Baltimore musikalisch durch eindringlichen Echo-Gesang und atmosphärischen Shoegazer-Gitarren. Da kann uns Lower Dens' Sängerin Jana Hunter auf «Brains» noch so lange Mut machen «Don't be afraid / Don't be afraid / Everything will change», es nützt alles nichts! Am Vorabtrack zum auf Domino Records erscheinenden und mit Spannung erwarteten zweiten Album «Nootropics» kann man sich jedenfalls kaum satt hören, ausufernd-psychedelisch erinnert der Fünfminüter sowohl an Wire als auch an Neu! und fürs Konzert im Palace wünscht man sich davon mindestens eine eine zwölfminütige Liveversion. Support kommt von Lower Dens-Mitglied Carter Tanton. Der Singer-Songwriter hat soeben sein nach David Bowie benanntes Debut «Freeclouds» herausgebracht.
The Skurfs aus dem St.Galler Hinterland spielen einen Mix aus Indierock und Britpop. Ihre neusten Aufnahmen stammen aus dem Berliner Proberaum der befreundeten Band All Ship Shape. Ob sie es dereinst schaffen, aus dem Schatten des grossen Bruders zu treten? Der Rheintaler Petro Lehmann macht mit gefühlsvollem Singer-Songwriter-Pop Musik, die am Rand der Welt mitten aus einer stürmischen Nacht am dunkel brodelnden Ozean zu kommen scheint. Um dichte Soundschichten und den passenden Klang geht es bei Eno, dem Ambient-Postrock-Duo, das als einzige der drei Bands nicht zum ersten Mal im Palace spielt.
Zwei Jahre waren sie verschwunden, die Weilheimer Könige des symphonischen Gitarrenrocks, die spätestens seit ihrem Wunder- und Konsensalbum «Neon Golden» da oben auf dem ewigen Podium stehen. Wetten, dass wir nach zwei Songs bereits hin und weg sind und im Live-Moment denken: halt doch die weltbeste deutsche Band.
Mit der Band Arab Strap prägte Malcolm Middleton die Glasgower Indie-Rock-Szene der 90er. Zur Palace-Saisoneröffnung kommt der Schotte mit seinem nicht ohne Schalk nach dem Gesellschaftsspiel «Mensch ärgere dich nicht» benannten Bandprojekt «Human don’t be angry» ins Palace. Statt wie bei Arab Strap gewohnt geradlinigem Indie-Rock und bitterbösen Textzeilen gibt es nun vorwiegend instrumentalen, atmosphärischen Indietronic für Fahrten durch Bilderbuchlandschaften. Support kommt vom Sänger der mittlerweile aufgelösten Glasgower Indie-Band De Rosa, die trotz Unterstützung von DJ-Legende John Peel nie wirklich bekannt geworden sind.
Vor zehn Jahren gaben Markus Binder und Hans-Peter Falkner den damals Zwanzigjährigen einen heuer nicht minder aktuellen Protestsong der Extraklasse mit auf den Weg in ein steiniges Jahrzehnt. Sie sangen über die Klakariadn: «Des eigene dan’s feiern und des andere negiern … und spuckts euch an damit solang bis dass euch schlecht is von der Kacke nun wählen sie die Nummer neben ihrer Landesflagge». Intelligenter Furor, lustig, furztrocken in einem Wirbelsturm aus Schlagzeug und Akkordeon über den Dancefloor geblasen. Das hat nichts mit einer oft bieder-glatten neuen Volksmusik mit X geschrieben zu tun. Das ist Punk, Gstanzl, Haltung, Rap, Techno, Rock’n’Roll. Sie kommen mit ihrem achten und grossartigen Album «Flux» vorbei und teilen sich die Bühne mit Dominik «Prince» Kesseli. Der Schlagzeuger unseres Vertrauens (Stahlberger) und grösste Antihektiker dieser Stadt tritt mit seinem Sologramm und vielen Grätli an: Abdriften und Headbangen in Zeitlupe. Ah, und dann zeigen wir auch noch einen Film; Kesseli kommt auch vor: Sein Probenraum-Nachbar und Stahlberg-Techniker, Thomas Kuratli, legt mit «What Is Love» ein prächtiges Love- und Milieudrama vor.
Vorstellung und Prämierung der Wettbewerbsfilme zum Thema Wasser.
Lampedusa, Strassburg, Griechenland, Warschau – das sind die Stationen, die der WOZ-Journalist und (Palace-Mitbetreiber) Kaspar Surber besucht hat, um die europäische Migrationspolitik zu entschlüsseln und eine stille Katastrophe zu dokumentieren. Im letzten Jahr hat die europäische Grenzziehung mehr als 2000 Todesopfer gefordert. Wie ist die Schweiz in diese Politik involviert? Das ist eine der Fragen, die Surber interessierten. Entstanden ist ein Bericht aus der Gegenwart, dem arabischen Frühling und der Wirtschaftskrise. Ein Buch, das in der Migrationsdebatte den Horizont öffnet.
Als Doom-Soul will Cold Specks ihren Sound verstanden haben, wobei «doom» wohl am ehesten mit «Verdammung» oder «bösem Geschick» übersetzt werden könnte. Das ist eine verheissungsvolle Ansage; und tatsächlich folgt Cold Specks Musik der Tradition des afroamerikanischen Blues, Soul und Gospels, während ihre Stimme ernsthaft durch die düster-fatalistischen Songs führt. Aus Respekt vor ihrer Familie, welche die Entscheidung für die musikalische Karriere nicht befürwortet, hat sich die junge Kanadierin das Pseudonym Al Spx zugelegt. So bleibt sie als Person rätselhaft und alles, was sie als biographische Angaben preisgibt ist, dass sie heute in London lebt - und wie sie zum Namen Cold Specks gelangte. Dieser ist inspiriert von einer Zeile aus James Joyces’ Ulysses: «Born all in the dark wormy earth, cold specks of fire, evil, lights shining in the darkness.» Im Vorprogramm spielt die Basler Singer-Songwriterin Maya Turbo, zu der das Musikmagazin Intro schrieb: «Stacheldraht im Samtbezug».
Zum Start ins neue Semester rekapitulieren wir nochmals das letzte. Die Professoren Ekim, Reezm und Paul Neumann spielen die Rap-Juwelen aus den Jahren 1987 bis 1994. Wir starten das Seminar mit dem Dok-Film «Big Fun In The Big Town» vom niederländischen Filmemacher Bram Van Splunteren. Vor über 25 Jahren hat er sich in die damals noch arg heruntergekommenen New Yorker Stadtteile Harlem, South Bronx und Lower East Side aufgemacht um in nur einer Woche den Groove der Hip Hop Szene zu studieren. Dies ist ihm so trefflich gelungen, dass der Film heute zu den wichtigsten Hip-Hop-Filmen zählt. Im Anschluss referiert das Rap History DJ-Team über die Jahre 1987 bis 1994, die «golden era» des Raps.
In fünf Jahren hat sich das Wortlaut zu einem eigentlichen Literaturfest gemausert – zum kleinen Jubiläum dauert es erstmals drei Tage. Höhepunkt bleibt die Literatour am Samstag, bei der mehr als 70 Autorinnen und Autoren in der ganzen Stadt lesen. Der Abend im Palace könnte unter dem Motto «Heimat und Zukunft» stehen. Franz Hohler, wir freuen uns, ist zu Gast, liest aus seinen «Spaziergängen», eine Schule des Sehens, eine Erkundung, was Heimat sein könnte (19, 20 Uhr). Danko Rabrenovic klärt als «Balkanizer» über mögliche Vorurteile zwischen Deutsprachigen und Exjugoslawen auf . Zum Tanz bittet er gleich selbst, mit seiner Band Trovaci und schlitzohrigem Balkan-Ska-Reggae-Punk.
Versorgt und Verplant: Ansichten zu Infrastrukturen und Planung
Im Oktober werden an der Erfreulichen Universität Versorgungseinrichtungen aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet und diskutiert. Geschichten und Gedanken zur Planung sollen die Auseinandersetzung mit der Infrastruktur als technischem Rückgrat der Gesellschaft eröffnen. Die Reihe findet in Zusammenarbeit mit der Ausstellung «Kunstbauten.Eisenbeton.Landschaften» im Kraftwerk Kubel statt.
Strassen, Plätze und Brücken als offensichtliche Infrastrukturen zeichnen die Wahrnehmung jeder Stadt. Auf der Suche nach den infrastrukturellen Eigenheiten der Stadt St. Gallen findet man auch weniger auffällige, aber genauso prägende Einrichtungen. Edgar Heilig ist Kunsthistoriker und ehemaliger Stadtplaner in St. Gallen.
Seit Jahren beweget sich Nick Talbots Band Gravenhurst im Koordinationsfeld von atmosphärischem Songwriter-Folk und Dreampop und erhält dabei nur halb so viel Aufmerksamkeit, wie sie verdient hätte. Talbots schwerherzigen Songs gehen durch Mark und Bein, seine sanfte und klare Stimme täuscht über die Abgründe hinweg, die sich in seinen Texten auftun. Für das aktuelle, wiederum auf Warp Records erschienene, Album «The Ghost in Daylight» hat sich der Musiker aus Bristol insbesondere von Brian Enos atmosphärischen Ambient-Werken inspirieren lassen.
Mark Ernestus sagt über den in Senegal und Gambia populären Sound Mbalax: «Die Polyrhythmik hat für mich einen hohen Suchtfaktor, diese Rhythmen, die sehr zwingend und trotzdem schwer zu greifen sind, und diese Gleichzeitigkeit von Lockerheit und Komplexität.» Ernestus hat sich stets dem Rummel um das Gesicht hinter der Musik entzogen; in den Neunzigern schrieb er sich zusammen mit Moritz von Oswald mit den Labeln Basic Channel und Chain Reaction in die Technogeschichtsbücher ein. Später folgte in Zusammenarbeit mit jamaikanischen KünstlerInnen das Dub-Projekt «Rhythm & Sound». Und nun also der Senegal. Auf einer musikalischen Spurensuche, angefixt von den Rhythmen, traf er in Kaolack auf Bakane Seck und die Künstlerfamilie Jeri Jeri. – Ein Clan von Trommlern, die die Entwicklung des Mbalax’ bedeutend mitgeprägt haben. Auf den gemeinsamen Aufnahmen, verstärkt durch die Sängerin Mbene Diatta Seck sowie Bass und Schlagzeug, galoppieren die Sabar (Zeigenfelltrommeln) federleicht und grummelt der Bass herzerweichend. Wo es beim Palace-Konzert von Shanghaan Electro aufgehört hat, geht es hier melancholischer, aber gleich tanzbar weiter. Nach dem Konzert steht Mark Ernestus an den Plattenspielern.
Original Soul, Funk und R'n'B ab Vinyl, die Herren Wempe, Cannone und Hollenstein laden zum ersten Soul Gallen auf dem neuen Tanzboden, come and «do the monkey»!
Versorgt und Verplant: Ansichten zu Infrastrukturen und Planung
Im Oktober werden an der Erfreulichen Universität Versorgungseinrichtungen aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet und diskutiert. Geschichten und Gedanken zur Planung sollen die Auseinandersetzung mit der Infrastruktur als technischem Rückgrat der Gesellschaft eröffnen. Die Reihe findet in Zusammenarbeit mit der Ausstellung «Kunstbauten.Eisenbeton.Landschaften» im Kraftwerk Kubel statt.
Die Verkehrsinfrastrukturen verändern die Mobilität der Bevölkerung und sind ein wichtiger Bestandteil der Stadtplanung. Wie wird die Idee der Städteinitiative aus dem Jahr 2010 in St.Gallen umgesetzt?
Schlimmer geht es nicht! Cathrin Störmer und Andreas Storm zeigen bei ihren Vorlesungen mit Fallbeispielen schlechte und bizarre Kunst: Die übelsten Ratgeber, schlechter Sex in Film und Buch, schauderhafte Musik und die miserabelsten Filme. Die komplette erste Staffel ist verteilt über die kommende Saison im Palace zu sehen. Folge Eins: Schlechte Bücher. Ein Überblick. Mit dem schlimmsten Kinderbuch der Welt, der grausamsten Lyrikerin deutscher Zunge, mehreren Nobelpreisträgern, Dianetik. Von Nietzsche zu Mooshammer und zurück und immer treu dem Motto: Das Gegenteil von Gut ist gut gemeint.
Sie sind fast gleich alt, waren auch schon zusammen auf Tour, die Sachwalterinnen der Melancholie in unruhigen Zeiten: PJ Harvey, Cat Power und Scout Niblett. PJ Harvey trug mit ihrer Antikriegsplatte «Let England Shake» im letzten Jahr zum Konsens bei. Cat Power singt soeben wieder eigene Songs, wendet sich schamanenhaft der «Sun» zu. Scout Niblett bleibt, was sie schon immer war: Widerborstig. Verweigerte schon als Kind den Klavierunterricht, bricht Konzerte auch mal ab, wenn sich das Publikum nicht für sie interessiert. Da hat sie völlig recht: Wer den eigenen Sound so reduziert, auf ein hartes Schlagzeug, knappe Gitarrenlinien und diesen zornigen, traurigen Gesang, die soll auch gehört werden. «Calcination» hiess ihr letztes Album, es bedeutet soviel wie das Austreiben von flüchtigen Substanzen. Passend im Vorprogramm: Anaheim, zwei Sirenen aus dem Fälensee, die amerikanische Nachtwanderer um ihre Folksongs erpressten und ihren Valium Country jetzt in der Stadt verbreiten.
«Midnight Midnight» heisst das mit Spannung erwartete zweite Album von My Heart Belongs To Cecilia Winter. Die elf Songs des Zweitlings handeln von Fluchtautos, Zwielicht, seltenen Wolkenkonstellationen, schönen Narben, dem Jahr 1997, Sex und dem bevorstehenden Weltuntergang. Mit ihren bittersüssen Indierock-Hymnen und Glitzerkanonenkonzerten wurden die Zürcher vor zwei Jahren innert kürzester Zeit zu einer der vielgefragtesten Schweizer Bands. Zur gleichen Zeit sorgte die Luzerner Band Alvin Zealot für Aufsehen und auch sie bringen mit «Flux» noch dieses Jahr ihr zweites Album heraus. Ein wahres Gipfeltreffen der Schweizer Indie-Szene.
Der mitreissende Shoegaze-Psychedelic-Rock vom Pariser Duo Yeti Lane kommt ziemlich dick aufgetragen daher. Dieser Band traut man jede noch so grosse Bühne zu und dennoch ist sie im deutschsprachigen Raum ein unbeschriebenes Blatt. Ihr zweites Album «The Echo Show» ist nach eigenen Angaben denn auch ihr Meisterwerk, und BBC doppelt nach, die Platte habe eine verführerisch majestätische Qualität. Den Bandnahmen leihen sie sich die beiden bei den Platten «Yeti» von Amon Düül II und «Penny Lane» von den Beatles, ein klares Fan-Bekenntnis. Ben Pleng (Herman Dunes Bassist) und Charlie Boyer, so heissen die beiden tatsächlich, meinen es ernst.
Simon Reynolds, der grosse englische Musikjournalist und Post-Punk-Chronist («Rip It Up And Start Again»), tourt mit seinem neuesten Buch «Retromania». Darin beklagt er, dass das aktuelle Geschehen in der sonst so innovativen Popkultur nur Recycling ist, von Lana del Rey bis zu The XX. «Eine wertvolle Handreichung zum Verständnis gegenwärtiger Popphänomene», wie «Die Zeit» meint – und eine Steilvorlage für eine lebhafte Diskussion im Palace. Die Nightingales, eine der spannendsten Post-Punk-Bands und John-Peel-Favoriten, haben sich bekanntlich mit einem Spagat von Rock'n'Roll, schwarzem Country und explosiv-experimentellem Kraut-Rock neu erfunden. Welche brachiale Wucht und atemraubende Präsenz die Band live hat, durften wir bereits dreimal erleben. Nun spielt sie ihr jüngstes Album «No Love Lost», das die englische Musikpresse als «eine der aufregendsten Platten des Jahres» feierte.
Mit selten gehörter Musik unterschiedlichster Prägung an der lange Bar über den Gleisen durch die Nacht.
Versorgt und Verplant: Ansichten zu Infrastrukturen und Planung
Im Oktober werden an der Erfreulichen Universität Versorgungseinrichtungen aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet und diskutiert. Geschichten und Gedanken zur Planung sollen die Auseinandersetzung mit der Infrastruktur als technischem Rückgrat der Gesellschaft eröffnen. Die Reihe findet in Zusammenarbeit mit der Ausstellung «Kunstbauten.Eisenbeton.Landschaften» im Kraftwerk Kubel statt.
Lucius Burckhardt (1925 - 2003) setzte sich seit den 1950er Jahren mit dem Planen und Bauen in der Demokratie auseinander. Seine Beobachtungen haben die Gestaltung unserer Umwelt, die Lehre in den planenden Berufen und das Verständnis von der Stadt grundlegend beeinflusst. Martin Schmitz war Schüler von Burckhardt Verleger in Berlin, Kurator unter anderem einer Ausstellung zur Künstlergruppe «Die Tödliche Doris» sowie Lehrbeauftragter für Spaziergangswisssenschaft.
Brion Gysin war einer der einflussreichsten Künstler des 20. Jahrhunderts, ein wahrer Tausendsassa: Erfinder der Dreamachine – des einzigen Werks der Kunstgeschichte, das mit geschlossenen Auge betrachtet wird –, Entdecker der Cut-up-Schreibmethode – einer weltliterarisch relevanten Montagetechnik –, Entdecker der marokkanischen Trancemusikbruderschaft, die Brian Jones von den Rolling Stones auf der LP The Pipes of Pan at Jajouka präsentieren sollte, Multimedialist, Erzähler, Spoken Word Artist, Maler, Kalligraf, Betreiber des legendären Restaurants Les 1001 Nuits de Tanger, innovativer Bewohner des Beat Hotels in Paris, Kollaborateur und Inspirateur von William S. Burroughs, Paul Bowles, Ira Cohen, Steve Lacy u.v.a.m. DJ Augenwasser legt an diesem Abend seltene Tonaufnahmen von Brion Gysin auf und richtet eine flickernde Dreamachine ein. Pablo Haller und Florian Vetsch lesen und diskutieren gemeinsam mit DJ Augenwasser Brion Gysins Werk.
Laut und verraucht war das Konzert im Palace mit Deerhunter im Oktober 2007. Dass die fünf Heranwachsenden aus Atlanta, Georgia in einer der heute spannendsten Noise-Rock Bands spielten, war aber damals schon zu ahnen. Lotus Plaza ist die Band vom Deerhunter-Gitarristen Lockett Pundt und sie ist mehr als nur deren Abkömmling. Viel mehr ist hier zu spüren, wie gross der Einfluss des Zaubergitarristen auf die Mutterband sein muss. Die auch für Deerhunter typische Gitarrenmusik treibt Pundt beim aktuellen Lotus Plaza-Album «Spooky Action at a Distance» an die Spitze. Hypnotisch-eingängiger Psych- oder Dream-Pop, der uns an Real Estate, The War on Drugs, Galaxie 500 oder auch The Feelies denken lässt und ihre musikalischen Bezugspunkte in den 80er und 90ern findet.
Hip Hop ist seit geraumer Zeit eine globale Angelegenheit und auf allen Kontinenten ist es mittlerweile eine Selbstverständlichkeit in der Landessprache zu rappen, auch in der Schweiz, wo EKR, Bligg und Lügner debütieren. In New York beherrscht zur gleichen Zeit der Sound des Wu Tang Clan die Strassen und zelebriert eine rohe, kompromisslose Soundästhetik, die in einem krassen Gegensatz zum vermehrt mainstreamtauglichen Hip-Hop steht. An der West-Coast pflegt man den G-Funk und im Süden wird mit Goodie Mob und ihrem herrlichen Soul Food ein neuer Sound definiert. Wir beginnen den Abend «La Haine», dem französischen Spielfilm von Mathieu Kassovitz aus dem Jahre 1995. Der Film, der das trostlose Leben in den Banlieues Frankreichs schildert, ist in Schwarz-Weiß gedreht. Er zeigt 24 Stunden im Leben der drei jugendlichen Hauptdarsteller, deren Welt von Gewalt, Drogen und Schikanen durch die Polizei geprägt ist.
Kurt Wagner bot vor fünf Jahren solo mit seinen Songs an der Wäscheleine eins der bislang besten Konzerte in unserem (vollen und mucksmäuschenstillen) Plüschkinosaal. Diesmal kommt der Nashville-Sonderling mit seiner legendären Band Lambchop und dem grossartigen elften Album «Mr. M», das er seinem verstorbenen Freund Vic Chesnutt widmete. Weil von Oslo bis Madrid, von London bis Berlin und Wien in diesem Frühjahr 20.000 Menschen die vielleicht besten Lambchop aller Zeiten gesehen haben, gibt’s in diesem Herbst eine zusätzliche Europatour – und darum endlich die Lambchop-Premiere im Palace. Minimalistischer Soul-Country mit jazzigen Kapriolen, maximaler Herzpop!
Analog ist das Zauberwort. Die Konzerte von Teengirl Fantasy haben einen Körper und mit den üblichen Laptop-Shows in der elektronischen Musik nicht viel gemein. Der Tanzfreudigkeit tut dies zum Glück keinen Abbruch, ganz im Gegenteil. Logan Takahashi und Nick Weiss bringen in ihrem Sound unzählige Ideen zusammen, die sich taumelnd zwischen angedeutetem Techno, Future-Pop und House im Delirium als zielloser Begleiter durch die Nacht empfehlen. Dass ihr neues Album «Tracer» auf dem holländischen Kultlabel R&S (verantwortlich für Platten von Aphex Twin, Model 500 aber auch James Blake) herauskommt, passt in diesem Sinne auszeichnet. Zu den hochkarätigen Gästen auf dem Album zählen Panda Bear (Animal Collective), Kelela, Romanthony (die Stimme von Daft Punk's «One More Time») und Laurel Halo, welche an diesem Abend selber zu Gast ist. Das aktuelle Album der aus einer Vorstadt von Detroit stammenden 25-jährigen zählt zu den aufregendsten Veröffentlichungen derzeit und bringt auf einzigartige Weise Techno, Ambient, UK Bass und Sci-Fi-Folk zusammen. Willkommen auf dem Planet Hyperdub! Das Musikmagazin Groove schreibt dazu: «Quarantine ist eine mutige Abkehr vom Binären zugunsten des Komplexen, Widersprüchlichen, und gelangt dabei doch ohne Umweg übers Hirn ins Herz. Atemberaubend.»
BDC, mit Gründungsdatum 1998 eine der ältesten Rapbands der Stadt, taufen Ihr drittes Album «Silberrücken». Nebst der deutlichen 90er-Rap-Prägung spielen bei BDC die Einflüsse von Funk, Reggae und Electro eine grosse Rolle. Mit dem St.Galler Rapper E.S.I.K., Ragga-Toaster Gunda Wechee, den DJs Ill-O (Hiphop), Shark-T (Balkan Beats) und den Toggenburgern O.H, die an diesem Abend ihre EP «zämä» taufen, ist das Plattentaufe-Programm komplett.
Nicole Willis’ Song «If this ain’t love» hat Alles, was ein Soul-Hit ausmacht − und vermutlich haben bei Soul Gallen alle schon mal das Tanzbein dazu geschwungen. Nun kommt die amerikanische Sängerin mit ihrer finnischen Band The Soul Investigators kurz vor der Veröffentlichung ihres neuen Albums «Tortured Soul» für ein Konzert ins Palace. Mit Soul und R’n’B, wie er vor einem halben Jahrhundert getönt hat, nimmt uns die achtköpfige Band mit auf eine Reise in die Vergangenheit. Gänsehautmomente wie bei Lee Fields im vergangen März sind auf sicher, denn wer schon mit Curtis Mayfield im Duett gesungen hat, macht keine halben Sachen.
Moon Duo nennen sich Sanae Yamada und Ripley Johnson (Wooden Shjips). Seit 2009 veröffentlichen sie auf Sacred Bones und Souterrain Transmissions regelrecht zirkulierende Irrgärten. Wenn es zwei Monde gäbe, dann hiessen sie Psychedelica und Kraut – San Francisco und Berlin. Circles, das neue Album bezieht sich auf den Essay des Transzendentalisten Ralph Waldo Emerson. Nachdem Emerson für eine amerikanische Kulturunabhängigkeit gekämpft hat und hundert Jahre später die deutsche Musiklandschaft in einer ewigen Identifikationssuche auf dem Krautrock herumgekramt hat, springen Johnson und Yamada zwischen diesen zwei Monden ständig hin und her... Now that’s one hell of a space boogie kraut!
Die Sozialarbeit befindet sich in einer merkwürdigen Situation. Auf der einen Seite wird die Ausbildung akademisiert und hat einen hohen Standard erreicht. Alle handeln überaus vernetzt, ressourcen- und lösungsorientiert. Für die Klientinnen und Klienten hingegen sieht die Realität weniger rosig aus. Sie sind unmittelbar betroffen, wenn Sozialleistungen abgebaut werden. In der Politik steht der Sozialstaat unter starkem Druck. Im November beschäftigt sich die Erfreuliche Universität in Zusammenarbeit mit dem VPOD Ostschweiz deshalb mit der Parteilichkeit in der Sozialarbeit. Ausgehend von praktischen Beispielen aus dem Lebensalltag soll eine offensive Haltung diskutiert werden.
Was haben Filme wie «Fight Club», «The Great Dictator», «Dogville» und «Alien» gemeinsam? Was ist der Rohstoff dieser grandiosen Filme? Der Philosoph und Psychoanalytiker Slavoj Zizek, einer der innovativsten Kulturtheoretiker unserer Gegenwart, nimmt die Hauptrolle des 2006 erschienen Dokumentarfilmes «The Pervert's Guide To Cinema» ein. Regie führte Sophie Fiennes, die Schwester des Schauspielers Ralph Fiennes. Sie stellt Zizek in den nachgestellten Szenen der Filmgeschichte vor die Kamera, während er die ganze Bedeutung des Kinomediums durchwühlt und dabei die menschliche Psyche des Zuschauers intellektuell aufspiesst. Dabei nimmt sich der ewig rastlose Slowene über 40 wichtige Filme vor und beleuchtet zwei wichtige Eigenschaften der dramatischen Verführung: den Angst- und Sexualtrieb. Kann man jedoch den Zuschauer derart reduzieren?
Hinter dem ellenlangen, an eine Kurzgeschichte anmutenden Bandnamen stecken die St.Galler Dominik Kesseli und Marie Malou. Darf man ihrer Bandgründungsgeschichte Glauben schenken, waren es Amseln, die sie vor drei Jahren auf einen gemeinsamen Weg wiesen. Gut so, denn ihre gefühlsstarken, intensiv erzählenden Stimmen passen zusammen wie Pech und Schwefel, die über einem düsteren und eindringlichen Klangteppich schweben. In diesem geflochtenen Untergrund findet man Stränge von Alltagsgeräuschen wie das von knackendem, verbrennendem Holz, aber auch sanft eingesetzte, helle Melodien, die an prasselnden Regen erinnern. Wenn die Klänge und Geräusche der Albumtaufe durch die Spalten und Ritzen unseres Palastes auf die kalte, nasse, vielbefahrene Strasse dringen, wird es draussen Herbst sein – ein passender Soundtrack für die sehnsüchtige Zeit. Von Ausflüchten in die Natur erzählt auch Christian Löffler. Er verbindet traurig verträumten, kalten Gesang mit feinen, schnellen Rhythmen und langsamen Melodien, so dass man den Nebel vor dem geistigen Auge aufsteigen sieht.
Dieses Konzert ist ein Jubiläum. Die beiden St.Galler haben eisern jede Bookinganfrage abgelehnt und so wird die «Strahlen der Liebe»-Albumtaufe nun ihr hundertster Bühnenauftritt! Bekannt sind Thomas Kuratli und Ben Stokvis für ihre ungezwungene, herzerwärmende Bühnenpräsenz, welche gerne lach- wie beinmuskeltrainierend ausfällt, etwa wenn sie das Publikum frischfröhlich zum Joggen ermuntern. Angetrieben werden die neuen Songs von Beats, Steps und Acid. Zuvor feiert das Kulturbüro vis à vis vom Palace seine Eröffnung mit einem Open-House-Event. Danach legt DJ Gigolo Romantico auf, der uns nach durchzechter Nacht hoffentlich ein zweisames Einschlafen beschert. Wenn uns die Strahlen der Liebe treffen, werden wir bestimmt alle glücklich sein.
Vonhierausweg! Von hieraus weg! Von hier Ausweg! Je mehr der Raum eingegrenzt wird, desto mehr schreit die Musik. Wir machen weiter mit dem zweiten Fall: Bei Andy Stott stottert Pitchfork und Guardian sieht in Modern Love (Andy Stott) und Blackest Ever Black (Raime) unergründlich dunkle Gassen. Die beiden Labels aus London haben seit Langem die alten ermüdeten Dancefloors verlassen und erzeugen heute elektronische Tanzmusik für ein lang ersehntes Morgengrauen. Wir fangen mit Andy Stott und Raime bereits in der tiefen Nacht an und berauschen uns an antizipativen Klängen des 21. Jahrhunderts bis zum nächsten Sonntagmorgen.
Die Sozialarbeit befindet sich in einer merkwürdigen Situation. Auf der einen Seite wird die Ausbildung akademisiert und hat einen hohen Standard erreicht. Alle handeln überaus vernetzt, ressourcen- und lösungsorientiert. Für die Klientinnen und Klienten hingegen sieht die Realität weniger rosig aus. Sie sind unmittelbar betroffen, wenn Sozialleistungen abgebaut werden. In der Politik steht der Sozialstaat unter starkem Druck. Im November beschäftigt sich die Erfreuliche Universität in Zusammenarbeit mit dem VPOD Ostschweiz deshalb mit der Parteilichkeit in der Sozialarbeit. Ausgehend von praktischen Beispielen aus dem Lebensalltag soll eine offensive Haltung diskutiert werden.
Es war die bestbesuchte Worst-Case-Premiere bisher und ein vielversprechender Auftakt zur neuen Palace-Reihe. In der zweiten Folge stellen Storm und Störmer die schlechtesten Ratgeber vor. Das Gegenteil von Gut ist nicht gut gemeint − das Gegenteil ist schlecht geschrieben. Ratschläge, die niemand hören will und sich trotzdem Millionenfach verkaufen. Manipulativ, gefährlich, lächerlich. Von «Wie einfach es ist, mit Schnecken erfolgreich Verhandlungen zu führen» bis zum «Eva-Prinzip» und einem bizarren Gastauftritt von Thomas Mann.
Die Stadt St.Gallen vergibt jährlich sechs Werkbeiträge in der Höhe von je Fr. 10'000 an St.Galler Künstler und Künstlerinnen sowie Förderpreise und einen Anerkennungspreis. Die Preisfeier ist öffentlich und findet alljährlich im Palace statt. Mit Kaspar Surber, Dominik Kesseli und Michael Bodenmann werden dieses Jahr drei Palace-Mitstreiter ausgezeichnet.
Kuno Lauener fährt auf der Autobahn zum Flughafen, um Freundin und Tochter abzuholen, die aus Göteborg landen. Ein Song klopft im Kopf, doch Lauener wimmelt ihn ab, keine Zeit jetzt. Oder besser, alles zu seiner Zeit, alles reduziert auf den Punkt, so läuft dieses Göteborg-Album von Züri West. Kein mühsamer Hanspeter mehr in Sicht, der Lauener früher ins Liebesleben pfuschte, auch kein Hit dabei wie der über das verschenkte Herz, zu dem ganze Openairs mitsangen. Züri West spielen erneut halbe Songs. Präzis beobachtete Miniaturen, angespielte Skizzen von Rocksongs, dafür umso eindringlicher. Beim Zuhören hat man immer etwas Angst, dass sie sich gleich verflüchtigen. Wie der Mann, der in einem Song nur fünfzig Wörter hat, um von Lauterbrunnen nach Bern zu kommen. Fix auf jeden Fall sind die beiden Konzerttermine im November. Züri West biegen auf der Autobahn auch in St.Gallen ab, zum ersten Mal seit elf Jahren für ein Clubkonzert. Erst noch für ein Doppelkonzert.
Kuno Lauener fährt auf der Autobahn zum Flughafen, um Freundin und Tochter abzuholen, die aus Göteborg landen. Ein Song klopft im Kopf, doch Lauener wimmelt ihn ab, keine Zeit jetzt. Oder besser, alles zu seiner Zeit, alles reduziert auf den Punkt, so läuft dieses Göteborg-Album von Züri West. Kein mühsamer Hanspeter mehr in Sicht, der Lauener früher ins Liebesleben pfuschte, auch kein Hit dabei wie der über das verschenkte Herz, zu dem ganze Openairs mitsangen. Züri West spielen erneut halbe Songs. Präzis beobachtete Miniaturen, angespielte Skizzen von Rocksongs, dafür umso eindringlicher. Beim Zuhören hat man immer etwas Angst, dass sie sich gleich verflüchtigen. Wie der Mann, der in einem Song nur fünfzig Wörter hat, um von Lauterbrunnen nach Bern zu kommen. Fix auf jeden Fall sind die beiden Konzerttermine im November. Züri West biegen auf der Autobahn auch in St.Gallen ab, zum ersten Mal seit elf Jahren für ein Clubkonzert. Erst noch für ein Doppelkonzert.
Die Sozialarbeit befindet sich in einer merkwürdigen Situation. Auf der einen Seite wird die Ausbildung akademisiert und hat einen hohen Standard erreicht. Alle handeln überaus vernetzt, ressourcen- und lösungsorientiert. Für die Klientinnen und Klienten hingegen sieht die Realität weniger rosig aus. Sie sind unmittelbar betroffen, wenn Sozialleistungen abgebaut werden. In der Politik steht der Sozialstaat unter starkem Druck. Im November beschäftigt sich die Erfreuliche Universität in Zusammenarbeit mit dem VPOD Ostschweiz deshalb mit der Parteilichkeit in der Sozialarbeit. Ausgehend von praktischen Beispielen aus dem Lebensalltag soll eine offensive Haltung diskutiert werden.
Am 1. Juni 2008 haben sie zum Palace-Saisonabschluss gespielt, jetzt sind die Gebrüder Wolf zurück. Auf ihrem neuen Album «Mumps etc.» geht es – wie der Titel verrät – vor allem um kleinere und grössere körperliche Gebrechen. Dabei geben sich Why? wieder etwas zurückhaltender als bis zuletzt, neu sind die Chöre, unverkennbar die grossen Melodien. Hintersinnigen und selbstironisch rappt und singt sich der näselnde Yoni Wolf durch die Zwischenräume von Hip-Hop und Folk und wendet sich erfreulicherweise wieder mehr dem Rap zu. Als Mitbegründer vom Label Anticon hat er dessen Grenzen vor rund einem Jahrzehnt neu ausgesteckt. Stets auf ihrem eigenen Dampfer unterwegs, sind Why? auch 2012 noch eine überaus spannende Band.
Mica Levi aka Micachu haut zusammen mit ihrer Band The Shapes radikal-poppig auf den Putz. Kein Song länger als drei Minuten. Es rumpelt und kesselt, johlt und nuschelt auf dem neuesten (zweiten) Album der zwei Britinnen und des Briten unerhört vorwärts. Levis jagt Gitarrensamples in alle Richtungen durch Gerätschaften, spielt eine (man sagt scheints legendäre) 3rd Bridge Home Swinger und andere rätselhafte Instrumente, die tönen wie Presslufthämmer auf Ritalin: «Take your pity and sympathy / 'cos there is nothing wrong with me.» Kwes kennt Micachu schon länger (Kwesachu …). – Und der supertalentierte Brite macht dort weiter, wo Micachu als Grime-MC und -DJ aufgehört hat: auf dem avancierten Dancefloor. Kommen, nicht nachher jammern!
Ein paar Wühlern und Fans (vorab Labeln wie Strut Records oder Soundway) ist es zu verdanken, dass in den letzten Jahren vergessene Schätze westafrikanischer Musik gehoben wurden (versammelt auf der Compilation «Ghana Soundz», zum Beispiel). Wir freuen uns sehr auf das Konzert des ghanesischen Afrobeat-Künstlers Ebo Taylor, der einen halben Atemzug nach Fela Kuti genannt werden muss, wenn es um diesen packenden Sound geht. 2010 hat Taylor zusammen mit der Berliner Band Afrobeat Academy mit 73 Jahren sein erstes Album nach zwanzig Jahre Auszeit aufgenommen. Dieses Jahr veröffentlichte er den wunderbaren Nachfolger «Appia Kwa Bridge» – benannt nach einem Bauwerk in seinem Heimatort Saltpond. Nach dem Konzert bitten die Soul-Gallen-DJs zum Tanz!
Die Sozialarbeit befindet sich in einer merkwürdigen Situation. Auf der einen Seite wird die Ausbildung akademisiert und hat einen hohen Standard erreicht. Alle handeln überaus vernetzt, ressourcen- und lösungsorientiert. Für die Klientinnen und Klienten hingegen sieht die Realität weniger rosig aus. Sie sind unmittelbar betroffen, wenn Sozialleistungen abgebaut werden. In der Politik steht der Sozialstaat unter starkem Druck. Im November beschäftigt sich die Erfreuliche Universität in Zusammenarbeit mit dem VPOD Ostschweiz deshalb mit der Parteilichkeit in der Sozialarbeit. Ausgehend von praktischen Beispielen aus dem Lebensalltag soll eine offensive Haltung diskutiert werden.
Ariel Pink reflektiert die musikalische Vergangenheit dieses Planeten intelligent-listig wie kein anderer. Und er ist mittlerweile quasi big, wie man so sagt. Es freut uns ausserordentlich, dass der «Hypnagoge oberster Kajüte» (und unser allerliebster Vokuhila) das einzige Schweizer Konzert im Palace gibt. Mag sein, dass sein aktuelles Album nicht mehr ganz so Low Fidelity ist, wie die Vorgänger, aber es tönt saugut. – Man denke nur an den Song «Only In My Dreams», wo das Schlagzeug wie ein junges Reh hüpft, die Gitarre perlt und die Hookline den abgebrühtesten Beach Boy mit dem Fuss wackeln lässt. Apropos musikalische Vergangenheit und Frisur: Geneva Jacuzzi spielt das Keyboard wie damals; also, lasst uns über den neuen Palaceboden dancen!
Wer dem abgesagten Konzert von den Horrors heute noch nachtrauert, sollte Toy auf keinen Fall verpassen. Die beiden Bands sind eng miteinander befreundet und auch in musikalischen Zusammenhängen fallen ihre Namen meist in einem Satz. Die Zeit ist begeistert: «England hat ein nächstes großes Ding: Die Band Toy modernisiert Krautrock, Psychedelic und Dream Pop und macht daraus zeitgemäße Schwermut zum Wohlfühlen.» Vor etwas mehr als einem Jahr gab das St.Galler Rock’n’Roll-Trio Velvet Two Stripes im Palace als Support von EMA eines ihrer ersten Konzerte. In der Zwischenzeit ging ihr Name wie ein Lauffeuer um die Welt, so wie es noch keine Ostschweizer Band erlebt haben dürfte. Zeit für eine Momentaufnahme, bevor 2013 das Debutalbum folgt.
«Heute Disco, morgen Umsturz, übermorgen Landpartie.» Das empfahl F.S.K. in einem Manifest, als sich die Band 1981 Jahr in München gründete. Weil die moderne Welt stetig im Wandel sei, müsse sich auch die Wachsamkeit in Spiel und Revolte ständig der veränderten Situation anpassen. Dreissig und ein Jahr später, gewissermassen überübermorgen, heisst das Thema auf dem neuen Album «Akt, eine Treppe hinabsteigend»: Rollen, Geschlechter, Querness. Lady Chatterly taucht im Chat auf, Erykah Badou spricht über Hübschheit und Hässlichkeit und Beate Klarsfeld ohrfeigt den Kanzler instrumental. Der aktuelle Sound von Thomas Meinecke, Justin Hoffmann, Michaela Melián, Carl Oesterhelt und Wilfried Petzi: Swingend, seriell, House, irgendwie. Wer mehr zur Geschichte von F.S.K. erfahren möchte, dem sei der gescheite Artikel von Anna Frei im September-Loop empfohlen. Sie schreibt: «Es geht hier nicht um Mystifizierung oder Exklusivität. It's about Austausch, aber nie about Antworten. Fährten folgen und Fährten legen.» Wer sich ob all der Zitate und Verweise immer noch fürchtet, ins Palace zu kommen, dem sei geflüstert: Meist tragen F.S.K. Flanellhemden und sind überaus herzlich. Und ihre Livekonzerte sind grossartig!
Das Rapjahr 1996 wird überschattet vom gewaltsamen Tod von 2Pac, einem der tragischen Höhepunkte in der Auseinandersetzung zwischen Rap-Szenen an der Ost- und Westküste. Derweil landen die Fugees einen Hit mit «The Score», Jay-Z debutiert mit «Reasonable Doubt», De La Soul veröffentlichen «Stakes Is High», The Roots leben ihr «Illadelph Halflife», Xzibit rappt «At The Speed Of Life», Outkast sind «ATLiens», DJ Shadow's «Endtroducing...» ist der Start in eine neue Instrumental-Hip-Hop-Ära und die Stieber Twins schauen durchs «Fenster Zum Hof». Durch den Abend im Hörsaal der Palace Universität führen die Professoren Paul Neumann, Reezm und der Gastdozent DJ Johny Holiday von der Rap History Basel, assistiert von Captain Zwerg und MathK.
Postkoloniale Ansätze beschäftigen sich mit dem historischen Kolonialismus, aber auch mit der Frage, wie heutige Machtverhältnisse von einem kolonialen Denken geprägt sind. Dabei geht es auch um Länder, die keine Kolonien hatten. Ausgehend vom Buch «Postkoloniale Schweiz», das im November erschienen ist, diskutiert die Erfreuliche Universität im Dezember koloniale Bilder in der Schweiz und in St.Gallen – und in der aktuellen Popmusik:
Die Autorinnen stellen ihren Sammelband «Postkoloniale Schweiz» vor, der sich mit den Formen und Folgen eines Kolonialismus ohne Kolonien beschäftigt: Von ökonomischen Profiten über Kasperlitheater wie «De Schorsch Gaggo reist uf Afrika» bis zu aktuellen Ausschaffungsabkommen in der Asylpolitik.
Syd Barrett ist in Wirklichkeit in San Francisco geboren und hat mit zehn Jahren Verspätung zur Gitarren gegriffen. So könnte man es sich ausmalen, denn die Band White Fence − unter der Leitung von Tim Presley – hört sich genauso an. Der Kumpel von Garage-Tausendsassa Ty Segall spielt verhangenen Psycho-Garage-Rock und gibt seine Platten auf den angesehenen Labels Drag City und Woodsist heraus. Etwas humorvoller, aber ähnlich verpeilt, tischt uns seit kurzer Zeit der 22-jährige Kanadier Mac DeMarco unverschämt erfrischend klingende Popsongs auf, die an Jonathan Richman oder Pavement erinnern. Im Palace spielt er zum ersten Mal in der Schweiz. Gut möglich, dass eine oder gar beide Bands dieses Abends bald kein Geheimtipps mehr ist.
Die Luft sei draussen, meinte Nick Zammuto 2011 zum Ende des experimentellen Elektronik-Popduos The Books, das zweimal im Palace zu Gast war. Ach was: Statt sich in sein eigenhändig gebautes Familienhaus in Vermont zurückzuziehen, kehrt er mit einem noch unverschämter kreativen Projekt zurück. Sein neues Projekt Zammuto mutet einem im wilden Wechselspiel zwischen Mensch und Maschine nie gehörte Musik voller Spannungen zu. Live mit vierköpfiger Band und speziell mit Ninja-Trommelwunder Sean Dixon bedeutet das eine flirrende Collage aus neuen Songs und Books-Material, bis einem Ohren und Augen brennen: ja, allein die Videos sind den Eintritt wert. Logisch, dass man hernach tanzen will – und muss: Unser liebster Vinyl-Smasher-DJ Fett (Planet Rock, Berlin) spielt Soul-, Jazz- und Reggae-Singles, bis der Schweiss von der Decke tropft.
War es gar Paul Simon, der mit seinem Album «Graceland» aus dem Jahr 1986 den Weg ebnete für die dancefloorerodierenden Kooperationen der letzten Jahre von westlichen mit afrikanischen MCs, DJs und Musikern? Oder inwiefern hängt dieser erstaunliche musikalische Schub mit Damon Albarn von Blur zusammen? Und ist dieser Sound allenfalls ein Weg aus der musikalischen Retrofalle? Ist er emanzipiert und frei von Klischees oder bloss eine hippe Neuauflage stereotypischer Bilder? Palace-Booker Damian Hohl und Programmgruppenmitglied Johannes Stieger versuchen die Fragen anhand vieler Musikbeispiele und Clips zu beantworten.
Alle drei Jahre zeigen in St.Gallen das Kunstmuseum, die Kunst Halle und der Projektraum Nextex eine Auswahl von aktueller Ostschweizer Kunst. Jedes Mal wird der Anlass von einem Geraune umrahmt, da die eine oder der andere Kunstschaffende nicht im Aufnahmeverfahren berücksichtigt wurde oder Werke an seltsamen Orten platziert wurden. Jedenfalls haften dem Anlass jeweils ein paar Ahnungen von Skandälchen an. Und dieses Jahr kommt noch ein wenig Glamour hinzu, wie es sich gehört für eine Schau dieser Grösse und Wichtigkeit: Eröffnet wird der Anlass mit einer Party und Justus Köhncke – der «unangefochtene Meister wahrer Disco-Grösse» – an den Plattentellern. Bei Köhncke liegt man sich auf dem Dancefloor abwechselnd in den Armen und reckt beide Arme in die Luft. Bei aller aus den Boxen wabernder Pop-Glückseligkeit sollte man die Diskurshöhe des F.S.K. Fans (Zusammenarbeiten mit Dirk von Lowtzow, Barbara Morgenstern oder Kai Althoff) allerdings nicht unterschätzen. Diese Zeile vom 2002er-Album «Was ist Musik» lässt sich doch wunderbar auf jegliche Arten von Kunst anwenden: «Du bist das Signal, dass es weitergeht, du bist Energie, die aus Strom entsteht … du bist die Spur einer Existenz.»
In der Bodensee-Arena in Kreuzlingen findet an diesem Abend das Finale der Ausscheidung zum Eurovision Song-Contest in Malmö statt. Leider nicht in die Schweizer Endausmarchung geschafft hat es Jack Stoiker, der sich, unterstützt von Komiker Beat Schlatter und Regiesseur Michael Steiner, mit seinem Song «Di Tütsche sind blöd» beworben hatte. Nun, dachten wir uns, dann hat Jack wohl an diesem Abend frei und riefen ihn an. So reist er statt nach Kreuzlingen an diesem Abend ins Palace. Exklusiv wird er hier die Show kommentieren. Das wird bestimmt ein Heidenspass: Im Finale, das von Sven Epiney geleitet wird, treten unter anderem die Berner Heilsarmee, der Schmusesänger Jesse Ritch oder Antony Bighead aus Zürich auf, er verkleidet sich als Affe und sein Song heisst «Do the monkey.» Anschliessend spielt Jack noch ein paar Songs und wir trinken alle zusammen ein Schüga.
In den Achtzigern habe es in Bern ein leerstehendes Kino gegeben, das fast gleich ausgesehen habe wie das Palace. Aber «die Tuble» hätten ein Café mit Bücherladen daraus gemacht, erinnert sich Kuno Lauener beim Züri West-Konzert im Palace. Nun wird auch aus dem Palace ein Café, aber nur für einen Tag. Das Guerilla-Café macht im Advent einen Halt im Palace. Mit überraschenden und hausgemachten Leckereien, süss und salzig. An der Bar gibt’s Kaffee und Prosecco statt Bier und Schnaps. Die Tortenschlacht kann beginnnen.
Auch St.Gallen kam mit dem Kolonialismus auf vielfältige Weise in Berührung. Mit der Aufarbeitung dieses Themas ist man allerdings erst am Anfang. Historiker Peter Müller präsentiert Spuren des Kolonialismus in St.Gallen. Es geht um Objekte im Völkerkundemuseum St.Gallen, um Zeitungen, Briefe und Bücher, Gebäude und Strassennamen – und um allerlei Menschen, beeindruckende, aber auch zweifelhafte.
Der kometenhafte Aufstieg von Sophie Hunger führte auch übers Palace, wo die Zürcherin 2007 und 2008 das Publikum begeisterte. Mit ihren letzten Alben schaffte sie es an die Spitze der Schweizer Albumcharts, es folgten Tourneen durch ganz Europa. Nun möchte sie mit ihrer Musik für mehr Klarheit sorgen, gleich ob sie imaginäre Geschichten erzählt oder mit dem Lauf der Welt abrechnet. «Danger of Light» heisst das neue Album. Im schweizerdeutschen Song «Z'Lied vor Freiheitsstatue» malt sie aus, was die Statue, als Monument naturgemäss das Gegenteil von frei, singen würde. In «Perpetrator» und «Souldier» versetzt sie sich in extreme Gedankenwelten, spricht mal aus der Sicht eines Amokläufers, mal zu einem Soldaten. «Wie mans dreht und wendet: Tatsächlich bringen diese elf Lieder die Welt ein wenig ins Wanken», schreibt der Tagesanzeiger.
Der kometenhafte Aufstieg von Sophie Hunger führte auch übers Palace, wo die Zürcherin 2007 und 2008 das Publikum begeisterte. Mit ihren letzten Alben schaffte sie es an die Spitze der Schweizer Albumcharts, es folgten Tourneen durch ganz Europa. Nun möchte sie mit ihrer Musik für mehr Klarheit sorgen, gleich ob sie imaginäre Geschichten erzählt oder mit dem Lauf der Welt abrechnet. «Danger of Light» heisst das neue Album. Im schweizerdeutschen Song «Z'Lied vor Freiheitsstatue» malt sie aus, was die Statue, als Monument naturgemäss das Gegenteil von frei, singen würde. In «Perpetrator» und «Souldier» versetzt sie sich in extreme Gedankenwelten, spricht mal aus der Sicht eines Amokläufers, mal zu einem Soldaten. «Wie mans dreht und wendet: Tatsächlich bringen diese elf Lieder die Welt ein wenig ins Wanken», schreibt der Tagesanzeiger.
Beim Christbaum schmücken den «Christmas Song» von Jackson 5 und beim Gänse stopfen Steve Wonders «What Christmas means to me» hören, das gehört irgendwie dazu. So kommt das Soul-Gallen Christmas-Special nicht von ungefähr, denn passender könnten die Festtage kaum eingefeiert werden. Spätestens wenn die Herren Wempe aka Soulsonic, Fitze aka DJ Reezm und Eugster aka Sir Dancealot für alle Exil-St.GallerInnen und Weihnachtsrückkehrer «I want to come home for Christmas» von Marvin Gaye zücken, ist es um den Vorweihnachtsstress geschehen.
Der 1996 nach New York ausgewanderte Rorschacher Jazz- und Noise-Rock-Schlagzeuger und Elektronikmusiker Fa Ventilato alias Fuckintosh hat sich in der Kunst- und Filmwelt einen guten Namen gemacht, zuletzt etwa mit seinem Soundtrack für den Dokumentarfilm «Vinylmania» über fanatische Vinylsammler. Als Weihnachts-Heimkehrer präsentiert Ventilato im Palace seine «Fuckintosh Karaoke Masterclass 1», die seit kurzem als Montagabend-Serie in der New Yorker Delancey-Bar Furore macht. Er kombiniert experimentierfreudig Sound, Pop-Samples und Politstatements mittels Radio, CD-Player, Plattenspieler und Voice-Recorder zu simultanen Mash-up-Fantasien. Damit überrascht er sich selbst und natürlich das Publikum, das am Open Mic zum Mitmachen aufgefordert ist. Also Elvis vs Manson vs Cash vs Nirvana vs Romney vs You, all mashed up – wenn das keine tolle Einladung zur X-Mas-Nachfeier ist!